Merkel rügt Türkei: "Mit Rechtsstaat nicht vereinbar"

Merkel bei ihrer Regierungserklärung im Bundestag.
Die deutsche Kanzlerin hat sich scharf zu Erdogans Regierungsstil geäußert und Ankara für den Fall Yücel kritisiert.

Eigentlich war es ja der Brexit, über den Angela Merkel hätte sprechen sollen. Hat sie auch, aber zu Beginn ihrer Regierungserklärung hat die deutsche Kanzlerin - für sie ungewöhnlich scharf - erstmal das Thema Türkei behandelt: Sie äußerte "Sorge zum Ablauf der Abstimmung", mit der die türkischen Bürger sich für das von Präsident Recep Tayyip Erdogan geplante Verfassungsreferendum entschieden - natürlich "respektieren wir das Recht der türkischen Bürger, frei zu entscheiden"; nichtsdestotrotz sei sie besorgt über die aktuelle Lage.

"Bedenken wiegen schwer"

"Es ist mit einem Rechtsstaat nicht vereinbar, wenn die Exekutive Vorverurteilungen hinnimmt, wie das mit Denis Yücel öffentlich geschehen ist", sagte sie weiter - es ist das erste Mal, dass Merkel sich derart kritisch zum Fall des inhaftierten Welt-Journalisten äußerte; bislang nannet sie dessen Haftbedingungen lediglich "unverhältnismäßig hart". Yücel sitzt seit zehn Wochen in Haft, weil ihm Terrorismus-Unterstützung vorgeworfen wird; das kann die Bundesregierung nicht nachvollziehen. Man werde deshalb mit "Klugheit und Klarheit" vorgehen und hoffe darauf, dass sich die Türkei nicht weiter von Europa abwende, sagte sie noch.

In puncto Brexit gab sich Merkel deutlich versöhnlicher, wenngleich das Thema die EU-27 nicht minder umtreibt. Beim kommenden Gipfel in Brüssel will man die Leitlinien zum Ausstieg beschließen - dabei rechnet Merkel mit einer konsequenten und einheitlichen Haltung der übrigen EU-Mitglieder. Es gebe ein „großes Einvernehmen über unsere gemeinsame Verhandlungslinie gegenüber Großbritannien“, sagte sie.

Dass sie den Briten wenig Spielraum einräumen will, stellte Merkel aber ebenso klar. „Es gilt, Schaden von der EU abzuwenden“, sagte sie - deshalb sei nun London gefordert, Klarheit zu schaffen. Je eher die Briten wüssten, wie sie sich die künftigen Beziehungen vorstellen, desto eher könne Brüssel handeln - "es kann nur in dieser Reihenfolge gehen." Dass es trotz Brexit für die Briten die gleichen Rechte wie als EU-Staat geben könnte, schloss Merkel aus: "Einige in Großbritannien machen sich noch Illusionen, das aber wäre vergeudete Zeit", sagte sie.

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