Mehr als 100 Tote nach gewaltigen Überschwemmungen in Brasilien

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Historische Regenmassen: In einer Nacht so viel Niederschlag wie sonst in einem Monat. Malerische Stadt Petrópolis am schlimmsten betroffen.

Nach schweren Erdrutschen und Überschwemmungen in Folge von heftigem Regen ist die Zahl der Toten in der Bergregion von Rio de Janeiro auf mindestens 104 gestiegen. Dies berichtete das brasilianische Nachrichtenportal „G1“ am Mittwochabend (Ortszeit). Demnach waren acht Kinder unter den Opfern. Die Zahl der Toten könne noch steigen, zitierte die Nachrichtenagentur Agência Brasil den Bürgermeister von Petrópolis, Rubens Bomtempo. Die Zahl der Verschütteten war zunächst nicht bekannt.

Nach ihnen suchten Feuerwehr und Bewohner unter den Trümmern und im Schlamm. Insgesamt 24 Personen wurden lebend gerettet. Mindestens 80 Häuser wurden von einer Schlammlawine erfasst, mehr als 180 Bewohner von Risikogebieten wurden dem Zivilschutz zufolge in Schulen untergebracht, 372 Personen wurden obdachlos.

Am Dienstag hatte es nach Angaben des Meteorologie-Senders Climatempo in sechs Stunden mehr geregnet, als für den gesamten Monat Februar erwartet war. „Es war der schlimmste Regen in Petrópolis seit 1932“, sagte der Gouverneur des Bundesstaates Rio de Janeiro, Cláudio Castro. Hänge rutschten ab, Autos wurden von den Wassermassen mitgerissen, Straßen waren blockiert. „Es ist fast eine Kriegssituation“, so Castro weiter.

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Gewaltige Zerstörung in Petrópolis.

Bei den Bergungs- und Aufräumarbeiten waren Hunderte Feuerwehrleute und Polizisten im Einsatz. „Unsere Aufgabe ist es nun, das Leben in der Stadt wieder in Gang zu bringen“, erklärte Castro. „Wir haben Teams und Maschinen mobilisiert und werden alles Nötige tun, um die Stadt wieder aufzubauen und den Schmerz der Familien der Opfer zu lindern.“ Sowohl staatliche als auch private Spendenaktionen liefen an. Am meisten wurden Wasser und Hygieneartikel benötigt.

Im Jänner, Februar und März kommt es in Rio und der Region immer wieder zu heftigen Regenfällen. Die Sängerin Elis Regina und der Komponist Antônio Carlos „Tom“ Jobim setzten den Märzregen in dem Bossa-Nova-Song „Águas de Março“ (wörtlich übersetzt: Wasser des März) in den 1970er Jahren sogar ein musikalisches Denkmal.

In Wirklichkeit sind die Märzregen häufig weit weniger sanft, bringen wie diesmal Zerstörung und Tod mit sich. Oft haben die Bewohner ihre Häuser illegal an erdrutschgefährdete Berghänge gebaut. Teile von Rio de Janeiro werden auch von sogenannten Milizen kontrolliert, die ins Immobiliengeschäft eingestiegen sind. Dabei werden die Bauvorschriften offenbar nicht immer beachtet.

Zeitgleich weitet Bolsonaro Bergbau im Regenwald aus

Doch auch der menschengemachte Klimawandel verstärkt die ohnehin schon schweren Regenfälle in den letzten Jahren massiv. Und das in einer Zeit, in der die Bolsonaro-Regierung regelmäßig die Rodung weiter Gebiete des Amazonas-Regenwaldes ausweitet.

Der rechtsradikale brasilianische Präsident hat erst am Montag einen Plan zur Gold-Gewinnung im Amazonas-Gebiet genehmigt. Bolsonaro unterzeichnete ein Dekret, mit dem der Kleinbergbau gefördert werden soll, der in Brasilien als "garimpo" bekannt ist. Seit langem gibt es Kritik von Umweltverbänden, die eine Waldrodung und Übergriffe auf die einheimische Bevölkerung beklagen.

In dem Dekret wird als Ziel genannt, den Bergbau in kleinem Maßstab und die Entwicklung auf regionaler und nationaler Ebene zu fördern. Dazu soll auch eine interministerielle Kommission ins Leben gerufen werden, in der die neun Bundesstaaten vertreten sein sollen, die 60 Prozent des Amazonas-Gebiets vertreten.

Die Regierung Bolsonaro scheine die "historischen Werte" des Sektors verteidigen zu wollen - "das heißt, die Zerstörung der Umwelt" -, erklärte Suely Araujo vom Klima-Observatorium, einer Koalition von Umweltgruppen. Seit Bolsonaro 2019 ins Amt kam, stieg der Kahlschlag im Amazonasgebiet auf einen 15-Jahre-Höchststand von 13.235 Quadratkilometern in der Zeitspanne von August 2020 bis Juli 2021.

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