Viele offene Fragen nach Kämpfen
Das offizielle Mazedonien spricht von einem "Zugriff" im Sinne staatlicher Exekutivgewalt – nur, dass dieser Zugriff 22 Menschen tötete, ein ganzes Stadtviertel verwüstete und zwischenzeitlich Hunderte Menschen in die Flucht schlug. Nach zweitägigen Kämpfen in der Stadt Kumanovo blieb es am Montag ruhig, und die offiziellen Stellen in der mazedonischen Hauptstadt Skopje machten sich Mühe mit der politischen Einordnung dessen, was am Wochenende passiert war.
Präsident George Ivanov sagte, durch den Einsatz seien "koordinierte Terrorattacken" verhindert worden, die das Land ernsthaft destabilisiert hätten. Und durch wen? Da blieb er vage: Er sprach von "Extremisten und Kriminellen mit bemerkenswertem militärischem Training und Fähigkeiten". Seine Ausführungen würzte er mit Seitenhieben auf EU und NATO, die Mazedonien in der Krise alleine gelassen hätten.
Ein Sprecher des Innenministeriums nannte fünf mutmaßliche Anführer beim Namen: Allesamt ehemalige Größen in der kosovarischen Befreiungsarmee UCK. Unterschiedliche Berichte gab es indes darüber, ob die Genannten in Haft sind oder nicht. Nur einer der getöteten Untergrundkämpfer konnte identifiziert werden. Bei dem Mann handelt es sich um einen Staatsbürger des Kosovo.
Unklar blieben aber auch weiterhin die Motive: Ob es einen islamistischen Hintergrund gab (wie der Hinweis auf in Nahost gesammelte Kampferfahrung mutmaßen lassen könnte) oder einen nationalistischen. Kumanovo war jedenfalls bereits 2001 Schauplatz eines Aufstandes albanischer Nationalisten im Kampf um ein Großalbanien. Und schon vor der jetzigen Eskalation hatte es in der Region rumort. Erst vor zwei Wochen hatten rund 40 Albaner aus dem Kosovo in einer mazedonischen Grenzstadt nicht weit von Kumanovo eine Polizeistation gestürmt und zwischenzeitlich vier Polizisten als Geisel genommen.
Politischer Konflikt
Die vagen Angaben der Regierung aber lassen die Öffentlichkeit in Skopje im Unklaren. Vor allem angesichts eines zuletzt mit schweren politischen Geschützen ausgefochtenen Machtkampfes zwischen Regierung und Opposition. Zuletzt war es in mehreren Städten Mazedoniens zu fast täglichen Großkundgebungen gekommen. Nur wenige Tage vor Ausbruch der Kämpfe in Kumanovo waren diese Proteste in Skopje in schweren Auseinandersetzungen zwischen Oppositionellen und der Polizei mit Dutzenden Verletzten eskaliert. Der oppositionelle Sozialdemokratische Bund veröffentlichte angebliche Telefonmitschnitte in denen Regierungsbeamte mit dem Tod eines 22 Jahre alten Mannes 2011 in Zusammenhang gebracht werden. Die Regierung wiederum spricht von einem Putschversuch der Opposition.
Und Regierungsgegner befürchten nun, dass die Regierung die Kämpfe von Kumanovo zum Anlass nehmen könnte, den Ausnahmezustand auszurufen, um so sämtliche Versammlungen verbieten oder mit Brachialgewalt niederschlagen zu können.
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