Matteo Renzi: Der arrogante Charismatiker ist zurück

Matteo Renzi: Der arrogante Charismatiker ist zurück
Ex-Premier Matteo Renzi hob seine neue Partei "Italia Viva" aus der Taufe – Linkspopulist gegen Rechtspopulist Salvini.

„Unberechenbar, impulsiv, arrogant, machtbesessen“– das sind die wenig schmeichelhaften Eigenschaften, die Ex-Premier Matteo Renzi zugeschrieben werden. Dem 42-jährigen Politiker werden aber auch großes Talent, Charisma und Energie bestätigt. Heute, Samstag, hob Renzi seine neue Mitte-Links-Partei „Italia Viva“ (Lebendiges Italien) in seiner Heimatstadt Florenz aus der Taufe.

Der Gründung ging ein für Renzi typischer Aktionismus voraus. Die neue Regierungskoalition aus Sozialdemokraten (PD) und Fünf Sterne war erst zwei Wochen im Amt, als der frühere, langjährige PD-Chef mit seinem plötzlichen Parteiaustritt Ende September für Aufruhr sorgte. Rund 40 Parlamentarier schlossen sich der neuen Kleinpartei bereits an, weitere könnten folgen. Renzi erklärte zwar, der Regierung von Premier Conte weiter die Treue zu halten und seine Minister im Kabinett zu belassen. Dennoch hat er zahlenmäßig ein Druckmittel in der Hand, um Conte zu stürzen.

Seine großen Sprüche und sein polterndes Auftreten bleiben jedenfalls nicht unbemerkt. Es verwundert auch nicht, dass er sich vor einigen Tagen ausgerechnet mit seinem rechten Gegenspieler Matteo Salvini in der bekannten RAI-TV-Show „Porta a Porta“ von Bruno Vespa ein medial groß angekündigtes Match lieferte. Das Duell „Matteo gegen Matteo“, das in gegenseitigen Anschuldigungen gipfelte, wurde ein Quotenerfolg.

Matteo und Matteo

Bei allen politischen Differenzen gibt es auch Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Berufspolitikern, die vor Selbstbewusstsein strotzen: Sie stammen aus kleinbürgerlichem Milieu, sind seit der Jugend politisch aktiv und sind äußerst Internet-affin.

Aber sonst: Rechtspopulist Salvini punktet mit rassistischen Slogans, seiner rigorosen Anti-Ausländer-Politik der geschlossenen Häfen und mit dem Feindbild Brüsseler Technokraten. Der linke Populist Renzi hingegen steht für einen proeuropäischen Kurs. Für seine wirtschaftsliberalen Maßnahmen wurde er vom linken PD-Flügel als Sprecher der Eliten und Industriellen kritisiert. In der Einwanderungspolitik plädierte Renzi für einen humanen Kurs.

Auch wenn laut Umfragen Renzis „Italia Viva“ derzeit nur vier Prozent schafft, während Salvinis Lega weiterhin bei 30 Prozent liegt, sehen Politologen durchaus Potenzial für die neue Mitte-Links-Kleinpartei. „In der politischen Mitte könnte Renzi sein Comeback vorantreiben und sich als Alternative zum Rechtspopulisten Salvini profilieren“, erklärt Politologin Nadia Urbanati.

Während sich Renzi in Florenz von seinen Anhängern feiern lässt, ruft Salvini am Wochenende gemeinsam mit anderen Rechtsparteien zu einer großen Protestkundgebung in Rom gegen die Regierung Conte auf. Ex-Innenminister Salvini, der sich in einem Machtrausch im August selbst ins Aus beförderte, kann seine persönliche Niederlage und den Linksruck der neuen Regierung aus PD und Fünf Sterne nur schwer verkraften.

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