Manchester: Trump will Leak auf den Grund gehen

Nach Leaks rund um den Anschlag in Manchester waren die britischen Behörden stinksauer und beendeten die Informationsweitergabe an die USA. Donald Trump kündigte an, den Informationslecks nachgehen zu wollen. Die "New York Times" verteidigte die Veröffentlichungen.

Schon den Name des mutmaßlichen Attentäters von Manchester erfuhr die Öffentlichkeit nicht von den britischen Behörden, sondern durch US-Medien, die namentlich nicht genannte US-Offizielle zitierten.

Dass inzwischen eine ganze Reihe von Details zum Stand der Ermittlungen zum Anschlag in Manchester durchgesickert ist, veranlasste die britische Polizei am Donnerstag sogar, die Weitergabe von Informationen zu dem Anschlag an US-Behörden ganz einzustellen, berichtete die BBC am Donnerstag.

Am Rande des NATO-Gipfels in Brüssel, kündigte Donald Trump nun an, den Leaks auf den Grund gehen zu wollen. Die in den zunächst in US-Medien veröffentlichten geheimen Informationen zu den Ermittlungen nach dem Manchester-Attentat nannte er "sehr beunruhigend". Die Verbreitung sensibler Informationen stelle eine ernste Bedrohung dar. Die Schuldigen sollten die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen.

"Keine Beziehung ist uns wichtiger als die zu Großbritannien"

"Diese Leaks sensibler Informationen sind eine ernste Bedrohung unserer nationalen Sicherheit", sagte Trump am Donnerstag in Brüssel. Er werde das Justizministerium um Ermittlungen bitten. Nötigenfalls würden die Verantwortlichen mit der vollen Härte des Gesetzes "verfolgt". "Keine Beziehung ist uns wichtiger als die besondere Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich", fügte er hinzu.

Premierministerin Theresa May erinnerte die USA zuvor an die Bedeutung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Die Kooperation der Geheimdienste basiere auf Vertrauen, sagt May am NATO-Hauptquartier.

Die britische Innenministerin Amber Rudd hatte sich zuvor darüber irritiert gezeigt, dass Details zum mutmaßlichen Attentäter Salman Abedi zuerst in US-Medien genannt worden seien. Rudd betonte, die Partner Großbritanniens seien sich darüber im Klaren, dass sich so etwas nicht wiederholen dürfe. Später allerdings veröffentlichte die Zeitung New York Times einen Artikel mit genauen kriminaltechnischen Fotos vom Tatort. Darauf sind auch die angeblichen Überreste der von Abedi genutzten Tasche zu sehen.

"New York Times" verteidigt Veröffentlichungen

"Die präsentierten Bilder und Informationen waren weder grausam noch respektlos gegenüber den Opfern", verteidigte ein Sprecher der New York Times am Donnerstag die Veröffentlichung seiner Zeitung. Sie entsprächen auch der Berichterstattung über verwendete Waffen bei anderen Anschlägen.

Die NYT und andere Medien seien bei Terrorattacken rund um die Welt "von Boston bis Paris bis Bagdad" ähnlich verfahren. Die Fotos der Zeitung zeigen offenbar einen Zünder, Metallmuttern und Schrauben sowie einen blauen Rucksack, in dem die Bombe des Anschlags mit 22 Toten gewesen sein könnte.

Die Zeitung teilte mit, ihrem Auftrag und dem Interesse der Leser treu geblieben zu sein. "Unsere Mission ist, Nachrichten zu berichten und unsere Leser zu informieren. Wir haben strenge Vorgaben für wie und auf welche Weise wir über sensible Geschichten berichten. Unsere Berichterstattung über die abscheuliche Attacke vom Montag war sowohl ausführlich als auch verantwortungsvoll", hieß es.

Manchester: Trump will Leak auf den Grund gehen
A woman places flowers on an impromptu memorial at Manchester Town Hall for the victims of an attack at Manchester Arena, Manchester, Britain, May 24, 2017. REUTERS/Jon Super

Fehlalarm in Manchester

Nach dem Anschlag mit 22 Todesopfern ist die Nervosität in Großbritannien vor weiteren Anschlägen groß. Am Donnerstag rückten Militär und Polizei zu einem College-Campus aus und räumten diesen, nachdem ein verdächtiges Paket gefunden wurde. Nach kurzer Zeit konnte aber wie schon im Arndale Shopping Centre am Tag nach dem Anschlag Entwarnung gegeben werden.

Großbritannien gedenkt der Opfer des Selbstmordanschlags von Manchester: Im ganzen Land hielten die Bürger am Donnerstag um 11.00 Uhr (Ortszeit) zu Ehren der Opfer für eine Schweigeminute inne. Auf dem St.-Ann's-Platz im Zentrum von Manchester versammelten sich Menschen mit Kerzen, Blumen und herzförmigen Luftballons.

Manchester: Trump will Leak auf den Grund gehen
Armed police stand secure a street in central Manchester, northwest England, on May 24, 2017, following the May 22 terror attack at the Manchester Arena. Police on Tuesday named Salman Abedi -- reportedly British-born of Libyan descent -- as the suspect behind a suicide bombing that ripped into young fans at an Ariana Grande concert at the Manchester Arena on May 22, as the Islamic State group claimed responsibility for the carnage. / AFP PHOTO / Ben STANSALL

Bereits elf Festnahmen, darunter Familienangehörige des Täters

Unterdessen sucht die Polizei weiter nach möglichen Komplizen des Attentäters. In der Nacht zu Donnerstag gab es weitere Festnahmen. Mittlerweile wurden im Zusammenhang mit der Tat elf Menschen ergriffen, darunter in Libyen ein Bruder des Attentäters und sein Vater. Eine Frau wurde allerdings am frühen Donnerstagmorgen ohne Anklage wieder freigelassen.

Der Zeitung "Independent" zufolge wurden bei einer Durchsuchung Sprengsätze gefunden, die möglicherweise für künftige Attentate genutzt werden sollten. Die Polizei gab bekannt, dass es bei einer Razzia zu einer kontrollierten Explosion gekommen sei. Er könne den Menschen versichern, dass die Festnahmen bedeutsam seien, sagte der Chef der Polizei von Manchester, Ian Hopkins, am Donnerstag zu Journalisten.

Auch seien bei Durchsuchungen Gegenstände entdeckt worden, die aus Sicht der Polizei für die weiteren Untersuchungen sehr wichtig seien. Einem Bericht des US-TV-Senders ABC News zufolge hat die Polizei in der Wohnung des Selbstmordattentäters Salman Abedi eine Art Bombenwerkstatt gefunden. Er habe offenbar genug Chemikalien gelagert, um weitere Bomben zu bauen. Dem Nachrichtenportal "The Independent" zufolge wurden auch bei weiteren Razzien Bomben-Materialien entdeckt. Ein verdächtiger Gegenstand sei kontrolliert zur Explosion gebracht worden.

Polizei geht von Netzwerk aus

Die Ermittler machen den 22-jährigen Salman Abedi für den Anschlag auf das Popkonzert der US-Sängerin Ariana Grande am Montag verantwortlich. Sie gehen aber davon aus, dass er Komplizen hatte. Abedi war bei der Attacke ums Leben gekommen und hatte mit einem selbst gebauten Sprengsatz 22 Menschen in den Tod gerissen, darunter viele Kinder und Jugendliche. Mindestens 59 Menschen wurden verletzt in Krankenhäuser gebracht, viele davon lebensgefährlich.

Der Polizeichef von Manchester, Ian Hopkins, hatte erklärt, er gehe davon aus, "dass es sich um ein Netzwerk handelt, dem wir nachgehen". Zuvor hatten bereits die britische Premierministerin Theresa May und Innenministerin Amber Rudd angedeutet, eine größere Gruppe von Personen könne hinter der Tat in Manchester stehen. Großbritannien rief erstmals seit 2007 die höchste Terrorwarnstufe aus. Dadurch erhält die Polizei nun Hilfe vom Militär. Laut Regierung werden derzeit knapp 1.000 militärische Kräfte zur Unterstützung der Polizei eingesetzt.

Bruder wusste von IS-Mitgliedschaft des Täters

Der festgenommene Bruder Abedis räumte ein, der Attentäter sei Mitglied der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) gewesen. Der IS hatte nach dem Anschlag behauptet, der Täter sei ein "Soldat" gewesen. Der 22-Jährige war dem britischen Geheimdienst bekannt, wie Innenministerin Rudd sagte. Medienberichten zufolge wurde Abedi 1994 in Manchester geboren und studierte in der nordenglischen Stadt. Seine Familie soll sehr religiös gewesen sein und sich in einer Moschee der Stadt engagiert haben. Einige Familienmitglieder sollen kürzlich nach Libyen zurückgekehrt sein.

Der Vaterhat nach eigener Darstellung keine Hinweise darauf gehabt, dass sein Sohn einen Anschlag begehen würde. In einem am Mittwoch in der libyschen Hauptstadt Tripolis geführten Interview der Nachrichtenagentur Reuters sagte Ramadan Abedi, er habe seinen Sohn Salman zuletzt etwa vor fünf Tagen telefonisch gesprochen. Dabei war alles normal.

Salman habe der Familie gesagt, er gehe auf eine Pilgerreise nach Mekka, sagte der Vater. Während des Interviews mit Reuters wurde er von einer Anti-Terroreinheit in Gewahrsam genommen. Der Vater sagte, er sei sich sicher, dass sein Sohn kein Mitglied der Extremisten-Miliz Islamischer Staat gewesen sei. "Salman gehört keiner Organisation an." Die Familie sei "ein bisschen durcheinander, weil Salman nicht diese Ideologie hat, er glaubt nicht an so etwas". Er fügte hinzu: "Wir verurteilen diese terroristischen Taten auf Zivilisten, unschuldige Menschen."

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