USA

Madman-Theorie zu Trump: Unberechenbarkeit als Außenpolitik

U.S. President Donald Trump waves after returning from addressing the NRA convention as he walks from the Marine One helicopter across the South Lawn of the White House in Washington
Trump will den Iran durch Härte zu Verhandlungen zwingen und bedient sich dabei einer Politik, die ein Vorgänger geprägt hat.

Während der US-Präsident in Washington stolz seine Signatur unter den Ausstieg aus dem Atom-Deal setzte, war sein neuer Außenminister bereits auf dem Weg nach Nordkorea. Dort wollte er Vorbereitungen für den Besuch von Donald Trump in wenigen Wochen treffen und – nach Möglichkeit – die in Nordkorea inhaftierten US-Bürger zurück in die Staaten holen. Eine Aktion, die bis vor Kurzem noch kaum jemand für möglich gehalten hatte.

Nur durch die Drohkulisse, die er selbst aufgebaut hatte, sei Nordkorea eingeknickt, meint Donald Trump stolz. Genauso will der US-Präsident jetzt auch den Iran an den Verhandlungstisch führen. Maximale Drohung. Unberechenbarkeit. Die Zeiten der leeren Drohungen seien vorbei, sagt Trump selbst. Und der Erfolg scheint ihm Recht zu geben. Ein scheinbar Verrückter im Weißen Haus. Man weiß nicht, ob seine Aussagen, seine Tweets immer ernst zu nehmen sind. Aber ausprobieren will man es nun auch wieder nicht.

Verrückt genug für den Atomkrieg

Wenn man dem Gegner weismachen kann, man sei verrückt und unzurechnungsfähig genug, irrationale Handlungen zu setzen, wie die Welt in einen Atomkrieg zu stürzen, dann sitzt man am längeren Hebel. Soweit die „Madman-Theory“ (Theorie des Verrückten).

Sie scheint auf den 45. amerikanischen Präsidenten zugeschneidert, wie auf keinen anderen, stammt aber vom 37. Präsidenten: Richard Nixon.

Nixon – oder besser gesagt seine Regierung  – machten die Welt glauben, dass im Weißen Haus ein Verrückter sitzt. Dessen Außenpolitik auf seinem Temperament beruht. Nixon selbst, so ein H. R. „Bob“ Haldeman, soll den Begriff „Madman-Theory“ in Zeiten des Kalten Krieges erfunden haben. Haldeman erinnert sich: „Er sagte: Ich nenne es die Madman-Theory, Bob. Ich will, dass die Nordvietnamesen denken, ich habe den Punkt erreicht, an dem ich alles tun würde, um den Krieg zu beenden... Und dass wir ihn nicht zurückhalten können, wenn er böse ist – und dass er den Finger auf dem Atomknopf hat.“ Im Oktober 1969 sah es dann tatsächlich so aus, als stünde der Einsatz der Atombombe kurz bevor.

Nie klar, wie weit er geht

Raketenbeschuss in Syrien, Drohungen und Kriegsschiffe in Richtung Nordkorea, Handelskrieg-Säbelrasseln mit Europa. So richtig klar, wie weit Mr. President gehen wird, scheint innerhalb und außerhalb Amerikas kaum jemandem klar zu sein.

Donald Trump bedient sich der Werkzeuge Nixons. Und hat mit sozialen Medien und globalisierter Welt passende Multiplikatoren gefunden. Darüber, ob  er die irrationalen Drohungen absichtlich oder unabsichtlich loslässt, lässt sich von der Ferne selbstverständlich nur mutmaßen.

Doch Indizien dafür, dass das eine Strategie seines Teams ist, gibt es zumindest. So hatte Trump etwa während des Wahlkampfes mehrmals behauptet, die USA sei „zu vorhersehbar“. Auch die leeren Drohungen seines Vorgängers Barack Obama – etwa jene des Militärschlags gegen das syrische Regime, sollte es Chemiewaffen einsetzen – klagte er mehrmals an.

Es sieht mehr nach Madman, als nach Theorie aus.

von Dana Milbank

US-Kolumnist

Ob bewusst oder unbewusst – es gibt jedenfalls bessere Vorbilder als Richard Nixon. Er hat ja bekanntlich seinen Rücktritt bekannt gegeben, als ihm ein Impeachment-Verfahren wegen des „Watergate-Skandals“ gedroht hatte. „Und hat den Rest seines Lebens damit verbracht, seinen Ruf zu reparieren“, schreibt USA-Politikexperte Greg Milam.

Washington Post Kolumnist Dana Milbank glaubt nicht, dass Trump sich absichtlich des Nixon-Werkzeuges bedient. „Es sieht mehr nach Madman, als nach Theorie aus. Trump verwirrt Freunde gleichermaßen wie Feinde. Das schreckt Verbündete und verbreitet Instabilität.“

"Dumm und oberflächlich"

Mit der Entscheidung, den Iran-Deal aufzukündigen hat Trump es jedenfalls offenbar geschafft, sowohl Freunde als auch Feinde vor den Kopf zu stoßen. Der oberste politische und religiöse Führer des Iran scheute nicht davor, den Ausstieg aus dem internationalen Abkommen als "dumm" und Trumps Aussagen dazu als "oberflächlich" zu bezeichnen: "Mr. Trump, ich sage Ihnen im Namen des iranischen Volkes, Sie haben einen Fehler gemacht." Von Chinas Seite kam ebenfalls Kritik. Ein Sprecher des chinesischen Außenamts forderte die USA auf, "auf den richtigen Weg zurückzukehren" und beim Deal zu bleiben.

Aber auch Freunde der USA hielten sich mit Kritik kaum zurück. Neben anderen EU-Staaten etwa auch Frankreich. Finanzminister Bruno Le Maire kritisierte vor allem das Werkzeug der extraterritorialen Sanktionen. "Das macht aus den USA den Wirtschafts-Polizisten des Planeten." Das sei nicht akzeptabel. Die Türkei bedauert die Trump-Entscheidung ebenfalls. Präsident Recep Tayyip Erdogan: "Der Verlierer wird Amerika sein."

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