Dreiergespann gegen Julia in Wien

Dmytro Firtash
Ende März fand ein geheimes Treffen von Spitzenpolitikern mit dem Oligarchen Firtash statt.

Ein im wirtschaftlichen Umfeld der Ukraine bestens vernetzter Präsidentschaftskandidat, ein Ex-Boxer mit politischen Ambitionen, der jetzt doch nicht Präsident, sondern Bürgermeister werden will und ein milliardenschwerer Geschäftsmann mit besten Beziehungen zum Kreml und Problemen mit der amerikanischen und österreichischen Justiz – am 25. März trafen sie sich in Wien: Petro Poroschenko, Vitali Klitschko und Dmytro Firtash. Dass das Treffen stattgefunden hat, ist bestätigt. Was dahinter steht, ist dagegen Gegenstand von Spekulationen. Dass es dabei aber um den ukrainischen Wahlkampf ging, ist sicher.

Der Umsturz in der Ukraine hat die politische Landschaft des Landes auf den Kopf gestellt. Und durch den Druck der nahenden Präsidentenwahlen am 25. Mai entstehen neue, bisher unwahrscheinliche Allianzen. Firtash war ein enger Vertrauter des gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch, Poroschenko während der Revolution Mediator mit Hang zur Opposition und Klitschko einer der Führer der Protestbewegung. Poroschenko wird bei den Wahlen antreten, Klitschko hat seine Kandidatur zurückgezogen und wird sich um das Amt des Bürgermeisters von Kiew bewerben. Und Firtash hält sich in Wien, angeblich im Ritz-Carlton, auf, nachdem die US-Behörden seine Auslieferung verlangen. Aus ukrainischer Sicht wäre er ein fixer Kandidat für die EU-Sanktionsliste, auf der er nicht steht und nicht stehen wird. Die EU-Außenminister, die derzeit in Athen beraten, wollen die Sanktionen nicht ausweiten.

Das ungewöhnliche Dreiergespann in Wien dürfte vor allem eine gemeinsame Feindin einen: Julia Timoschenko, Ex-Premierministerin, danach inhaftiert und jetzt wild entschlossen, Präsidentin zu werden. In Umfragen liegt sie abgeschlagen hinter Poroschenko, aber das kann sich schnell ändern.

Der Investigativjournalist Sergij Leschtschenko von der Ukrainska Pravda glaubt, dass es bei dem Treffen in Wien vor allem um zwei Dinge ging: Klitschko dazu zu bewegen, seine Kandidatur zurückzuziehen und Poroschenko Präsenz in Firtashs TV-Sender zu verschaffen. Die Regierung und damit auch die staatlichen Medien, so Leschtschenko, seien derzeit fest in der Hand von Timoschenko-Getreuen. Ein grotesk anmutender Höhepunkt: Ein vierstündiges Interview mit Timoschenko vor zwei Wochen. An einer Schwächung Timoschenkos haben vor allem Poroschenko und Firtash ein Interesse. Ersterer will Präsident werden, Zweiteren verbindet eine offene Feindschaft mit Timoschenko, hatte sie ihn doch einst aus dem Gas-Geschäft gekickt. Dumm nur, dass das Treffen publik wurde.

Denn der Umstand, dass sich zwei Galionsfiguren der Protestbewegung gegen Janukowitsch in konspirativ anmutender Weise mit einem Intimus des Gestürzten treffen, kommt nicht gut an bei Wählern. Vor allem, pflegt Poroschenko doch sein Image als Saubermann. Firtash genießt den Ruf eines Mannes mit äußerst dubiosen Geschäftsbeziehungen und als absoluter Pragmatiker im Schmieden von Allianzen.

Poroschenko ließ per Aussendung wissen, er habe genug Geld, um seinen Wahlkampf zu finanzieren. Und der Umstand, dass das Treffen nicht angekündigt wurde, bedeute nicht, dass man sich geheim getroffen habe.

Wende im Fall um einen angeblichen ukrainischen Spion, der am Donnerstag beim Wiener Schwedenplatz festgenommen wurde. Der Verdächtige ist bereits wieder auf freiem Fuß. Es soll sich um keinen Spion, sondern um einen ukrainischen Bauunternehmer handeln, der sich rein zufällig im Umfeld der Kriminalbeamten aufgehalten habe, die den Fall rund um den Oligarchen Dmytro Firtash bearbeiten.

Wie berichtet, fühlten sich die beiden Beamten vom Büro für organisierte Kriminalität von dem Mann mit Kamera verfolgt und gingen von einer Geheimdienstoperation aus. Sie nahmen ihn fest. Daraufhin soll sich der Verdächtige als Diplomat ausgegeben haben – was allerdings rasch widerlegt wurde. Dann erklärte er, in Wien zu wohnen. Er hätte sich rein zufällig in der Gegend aufgehalten weil er sich für die Architektur interessieren würde. Nach Einvernahme, Zeugenbefragungen und Erstellung eines Zeit-Weg-Diagramms kamen die Ermittler zum Schluss: Es dürfte sich tatsächlich um einen Zufall gehandelt haben. Der Bauunternehmer machte Filmaufnahmen von Gebäuden, die beiden Kriminalbeamten waren unbeabsichtigt auf den Aufnahmen. Die Aufnahmen wurden dennoch sichergestellt und der Staatsanwaltschaft übergeben.

Am Donnerstag ging man davon aus, dass sich der Ukrainer auf die Spuren der Kriminalisten gesetzt hatte, um den Aufenthaltsort Firtashs herauszubekommen.

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