Louvre-Raub: 60 Ermittler heften sich an die Fersen der Täter

The Louvre Museum remains closed on day after robbery
Die Wachen verschanzten sich mit rund zehn schockierten Besuchern in einer Ecke des Saals, während die Männer mehrere Vitrinen zerschnitten und den Schmuck entnahmen.

Es hätte ein weitgehend normaler Tag im Louvre werden sollen. Nachdem es am Vortag evakuiert werden musste, sei das größte Museum von Paris mit Ausnahme einiger Bereiche wieder geöffnet, hieß es noch am Montagmorgen. Wenig später dann die Meldung: Es bleibe bis auf weiteres geschlossen.

Schuldfrage

Eine schnelle Rückkehr zum Alltag ist nach dem spektakulären Einbruchsdiebstahl am Sonntagmorgen, den Medien bereits als „Jahrhundert-Einbruch“ bezeichnen, unmöglich. Viele in Paris und Frankreich erschüttert nicht nur das dreiste Vorgehen der Täter, sondern vor allem die Tatsache, dass diese am helllichten Tag wertvollste französische Kronjuwelen aus dem Louvre, jenem einstigen Königsschloss, mitnehmen konnten. Hätte die Tat verhindert werden können, ja müssen? Diese Frage kam schnell auf.

Das Personal warne seit langem vor bestehenden Risiken und Lücken, sagte die Sicherheitsbeamte Elise Muller im Fernsehsender BFMTV. „Die Entscheidungen der Leitung konzentrieren sich seit einigen Jahren nicht auf die Verstärkung des Schutzes von Kulturerbe, sondern auf mediale Coups.“ Mehrere Gewerkschaften betonten, sie forderten regelmäßig mehr Sicherheitspersonal. Ein Bericht des Rechnungshofs wies auf Verzögerungen bei der technischen Sicherheitsausstattung hin.

"Schnell und brutal"

Wie groß die Wut ist, zeigte sich, als die Museumsdirektorin Laurence des Cars bei einer spontan einberufenen Mitarbeiterversammlung am Sonntagnachmittag ausgebuht wurde. Auch Kulturministerin Rachida Dati geriet in die Schusslinie und versuchte, sich zu verteidigen. In einem Kommuniqué betonte sie, das Alarmsystem habe funktioniert und das Sicherheitspersonal das vorgesehene Protokoll angewendet. Der Einbruch sei „besonders schnell und brutal“ verlaufen.

Tatsächlich dauerte er nur sieben Minuten. Die Täter hatten ein Fahrzeug mit einem Umzugslift an einer Seitenmauer des Museums geparkt. Durch ihn gelangten zwei Vermummte in Warnwesten auf den Balkon und von dort aus, nachdem sie zwei Fenster mit einem Trennschleifer zerstört hatten, direkt in die Apollon-Galerie. Hier befinden sich Schmuckstücke aus der Zeit des Sonnenkönigs Ludwig XIV. und der napoleonischen Kaiserzeit.

Die Wachen verschanzten sich mit rund zehn schockierten Besuchern in einer Ecke des Saals, während die Männer mehrere Vitrinen zerschnitten und den Schmuck entnahmen. Einer der Anwesenden machten sogar ein wackeliges Video davon, wie die Männer ganz in Ruhe am Werke waren. Sie flohen wieder durch das Fenster, unter dem Komplizen auf Motorrädern auf sie warteten. 

Gemeinsam düsten sie in Richtung Autobahn A6, wie Überwachungskameras zeigten. „Die Einbrecher hatten den Ort vorher wohl genau erkundet und waren sehr versiert“, sagte Innenminister Laurent Nuñez später. Etwa 60 Ermittler heften sich an die Fersen der Täter. Unter den acht erbeuteten Objekten befanden sich ein Diadem der Königinnen Marie-Amélie und Hortense und eine Smaragdkette von Kaiserin Marie-Louise. Eine mit rund 1400 Diamanten besetzte Krone der Kaiserin Eugénie, der Frau von Napoleon dem Dritten, wurde beschädigt am Boden gefunden. Die Diebe hatten es verloren.

Furcht vor weiterem Raub

Man verfolge vor allem die Spur des organisierten Verbrechens, sagte die Staatsanwältin von Paris, Laure Beccuau. „Die Täter handelten entweder für einen Auftraggeber oder mit dem Ziel, wertvolle Diamanten im Rahmen von Geldwäsche-Operationen zu verkaufen.“ 

Experten befürchten, dass die Schmuckstücke, da sie in ihrem Originalzustand unverkäuflich sind, auseinandergebaut und einzeln weiterverkauft werden könnten. Das Gold lasse sich einschmelzen. So könnten sie nie mehr auffindbar sein.

Demgegenüber versprach Präsident Emmanuel Macron, die Täter würden gefunden und „vor die Justiz gestellt“. Tatsächlich gelang das beim Diebstahl der Mona Lisa von Leonardo da Vinci, die der italienische Glaser Vincenzo Peruggia 1911 aus dem Louvre entwendete und zwei Jahre später in Italien wieder entdeckt wurde. Ein 1998 gestohlenes Gemälde von Camille Corot ist hingegen verschollen. Dasselbe gilt für fünf Bilder, die Unbekannte 2010 bei einem Einbruch in das Museum für Moderne Kunst in Paris gestohlen haben.

Innenminister Nuñez ordnete am Montag eine Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen aller Museen im Land an, da sich die Diebstähle zuletzt gehäuft hatten: im September wurden im Museum für Naturgeschichte in Paris sechs Kilogramm Goldklumpen gestohlen, in einem Museum in Limoges Porzellan im Wert von 6,5 Millionen Euro. Groß ist die Angst, dass die Serie nicht zu Ende ist.

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