Letta wirbt bei Merkel für Wachstumspolitik in EU
Kaum hatte er am Dienstag auch im Senat die Vertrauensabstimmung souverän gewonnen, machte sich Italiens Premier Enrico Letta auf seine „Mission Europa“. Noch vor Paris und Brüssel stattete der 46-Jährige der Kanzlerin in Berlin seinen Antrittsbesuch ab. Keine schlechte Wahl, gilt doch Berlin als wichtige Schaltzentrale der Europapolitik. Zum anderen war Angela Merkel im italienischen Wahlkampf häufiges Ziel von Verbalattacken – vor allem durch Silvio Berlusconi, dessen Partei nun Teil der Großen Koalition ist.
Flexibilität notwendig
Der linksliberale Letta baut auf die EU: „Ohne Europa verlieren wir alles“, hatte er vor seiner Abreise aus Rom den Parlamentariern zugerufen. Er versprach, die Haushaltssanierung nicht zu gefährden, aber das krisengebeutelte Italien brauche dringend Wachstumsimpulse. Dafür erhofft sich Letta die notwendige Flexibilität der EU. „Sparprogramme allein töten uns“, fand Letta in seiner Regierungserklärung klare Worte. Damit trifft er die Stimmung in allen Krisenländern in Europas Süden – aber nicht nur dort.
Auch in Paris, seinem nächsten Ziel nach Berlin, findet der Italiener einen Verbündeten: Präsident François Hollande hatte angesichts der Euro- und Wirtschaftskrise schon mit Lettas Vorgänger Mario Monti eine Achse für Wirtschaftsimpulse in Europa gebildet. Der französische Sozialist und Letta stünden unter dem gleichen Druck, ihre Stimmen gegen die „egoistische Unnachgiebigkeit“ Berlins zu erheben, schrieb die Zeitung La Stampa.
Stabilitätspakt ändern
Rom will – mit Paris an seiner Seite – den EU-Stabilitätspakt neu verhandeln. „Wir müssen eine glaubwürdige Wirtschaftspolitik haben. Doch wir wollen mit der EU auch den Stabilitätspakt neu verhandeln. Das ist ein Bedürfnis vieler anderer Länder, Frankreich inbegriffen“, sagte der neue Industrieminister in Rom, Flavio Zanonato, im Interview mit der Zeitung La Repubblica.Vom Stabilitätspakt müssten vor allem Investitionen ausgeschlossen werden, so der Parteikollege von Letta.
In Brüssel, wo Letta am Mittwoch die letzte Station seiner Blitztour einlegt, schrillen die Alarmglocken. Die EU-Kommission ermahnte die Koalition in Rom, europäische Sparverpflichtungen einzuhalten. „Die für dieses Jahr vereinbarten Ziele bleiben gültig“, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn.
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