"Le Pen setzt Macron unter Trommelfeuer"

"Le Pen setzt Macron unter Trommelfeuer"
Internationale Pressestimmen zum Fernsehduell Macron-Le Pen.

Die Zeitungen schreiben am Donnerstag zum Fernsehduell zwischen den Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron und Marine Le Pen:

"Le Figaro" (Paris):

"Es hat noch nicht einmal fünf Minuten gedauert, dann hatte jeder verstanden, dass diese Fernsehdebatte zwischen den beiden Wahlgängen die brutalste in der Geschichte der Präsidentschaftswahlen sein würde. Sie war niederschmetternd und bedauerlich zugleich. Marine Le Pen ist dafür die Hauptverantwortliche. Sie hat sich von Anfang an wie ein Kampfpanzer verhalten, hat Salven in alle Richtungen abgefeuert, sodass es äußerst schwierig ist, das Gemetzel überhaupt als 'Debatte' zu bezeichnen. (...) Wenn Emmanuel Macron am Sonntag gewinnt, ist zu hoffen, dass er Erfolg hat. Denn im Fall eines Scheiterns kann man nur ahnen, wie die Debatte im Jahr 2022 ausfallen würde."

"Sme" (Bratislava):

"Macron entlarvte Le Pen als eine Kraft, die nur in der Reaktion auf einen Gegner überhaupt funktionieren kann. Sie wiederum machte sich gerade das Verhalten zu eigen, das ihr Macron vorwarf: 'Ich habe kein Thema, ich habe eine ganzheitliche Philosophie', sagte sie zum Schluss. Als möchte sie sagen, es gibt keine Details zu besprechen, alles ist ein Fehler des Systems - Ihres Systems. Und lachend lehnte sie sich in ihren Stuhl zurück, wenn sie das wiederholte. Wie eine Wespe flog sie um Macron herum und stach zu. Sie stach zu mit Argumenten, die sie von links wie auch rechts übernahm. Le Pen sammelte sie von überall ein und warf sie ihrem Opponenten mit Wucht entgegen. Der war für sie nicht mehr Emmanuel Macron, sondern das System."

"L'Alsace" (Mulhouse):

"Im Grunde standen sich zwei Strategien gegenüber. Marine Le Pen attackierte auf Biegen und Brechen bis hin zur Belästigung, während Emmanuel Macron zwischen Gegenangriff und Pädagogik wechseln musste.

Marine Le Pen teilte gestern Abend im Maschinentakt Schläge aus, reihte Angriffe aneinander, manchmal unter der Gürtellinie. Indem sie ständig ihren Gegner unterbrach und ihn häufig daran hinderte, seine Argumente zu entwickeln, konnte die Kandidatin der extremen Rechten ihre Erstickungsstrategie verfolgen. (...)

Dieses Konzept der Daueroffensive erlaubte es Marine Le Pen, den Inhalt ihrer Vorschläge zu umgehen. (...) Emmanuel Macron (...) schaffte es, der Strategie des Trommelfeuers seiner Kontrahentin die Pädagogik entgegenzusetzen."

"De Standaard" (Brüssel):

"Sollte Emmanuel Macron, wie die Umfragen vorhersagen, der neue Präsident Frankreichs werden, dann ist die Gefahr für die Stabilität des Euro und der gesamten Europäischen Union mit einem Mal viel weniger akut. Der Brexit wird noch über Monate die Tagesordnung beherrschen, aber die Angst vor einer Kaskade antieuropäischer Wahlergebnisse wäre dann gegenstandslos.

Die Wahlen in Deutschland im September haben durch die Rückkehr von Angela Merkel zur alten Form, den verpufften Schulz-Effekt und die internen Streitereien bei der Alternative für Deutschland (AfD) an Spannung verloren."

"La Vanguardia" (Barcelona):

"Die beneidenswert agile Debatte hatte keinen klaren Sieger. (...) Marine Le Pen will am Sonntag die Überraschung schaffen und als erste Frau in das höchste Amt der Französischen Republik gewählt werden. Aber sie hätte gestern Abend etwas mehr benötigt, um die gegenwärtige Tendenz der Umfragen umzukehren. Sie hätte sich mehr Glaubwürdigkeit in den Bereichen Wirtschaft und internationale Beziehungen verschaffen sollen. Hier wurde sie von ihrem Rivalen, der zwischen 2014 und 2016 Wirtschaftsminister der sozialistischen Regierung war, übertroffen. Sie hätte zudem die intellektuelle Dimension eines Präsidenten zeigen müssen."

"Wetzlarer Neue Zeitung":

"Dass in Europa nicht alles Gold ist, was nach außen glänzt, ist unbestritten. Doch Mängel beseitigt man nicht, indem man das System zerstört - ohne ein besseres zu haben. Genau das machen die Rechtspopulisten. Dass Le Pen seit neuestem die Abschaffung des Euro weniger rigoros fordert, ändert daran nichts. Sie propagiert weiter Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit. Und sie steht - auch hier einig mit US-Präsident Donald Trump - für Protektionismus. Da schließt sich der Kreis zur radikalen Linken. In Europa (...) gehen sonntags Bürger auf die Straße, um für Europa zu demonstrieren. Es ist die Mitte der Gesellschaft. Keine, die gegen Veränderungen ist - aber gegen Bauernfänger. Hoffentlich wissen auch in Frankreich am Sonntag alle, was auf dem Spiel steht."

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