Kurz über Trump: "Nach den Taten beurteilen"

ABD0006_20161208 - WIEN - ÖSTERREICH: Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch, 07. Dezember 2016, während eines Interviews mit der APA-Austria Presse Agentur in Wien. - FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT
Außenminister Sebastian Kurz sähe Annäherung USA-Russland positiv.

KURIER: Was wird sich ab Freitag ändern in unserer Welt mit einem Präsidenten Trump?

Sebastian Kurz: Wir haben erste Indizien dafür, dass wirtschaftspolitisch ein stärker protektionistischer Kurs eingeschlagen wird, nach einer langen Phase des Freihandels. Das ist allerdings eine Entwicklung, die österreichische und europäische Unternehmen auch in einigen asiatischen Staaten schon zu spüren bekommen haben. Sicherheitspolitisch gehe ich davon aus, dass der Kampf gegen den Terror aktiv fortgesetzt werden wird. Außenpolitisch gibt es die Ankündigung, dass es eine Verbesserung des Verhältnisses zu Russland geben soll – wenn das wirklich gelingen sollte, dann sollten wir uns davor nicht fürchten, sondern ganz im Gegenteil: Das wäre etwas, von dem wir alle nur profitieren könnten.

Kann man Russland wirklich ins Boot holen?

Insbesondere wir in Europa sollten ein Interesse daran haben. Das starke Blockdenken zwischen West und Ost hat sich in den letzten Jahren auf unserem Kontinent sehr stark verfestigt. Das führt definitiv zu weniger Sicherheit, weniger Stabilität und gehört wieder zurück gedrängt, wo es hingehört: in die Geschichtsbücher.

Ein besseres Verhältnis zwischen Russland mit einem ausgefuchsten Wladimir Putin und einer USA mit einem erratischen Donald Trump, verschiebt das das Gewicht?

Wir müssen ein Interesse an einem positiven Miteinander haben. Das Gegeneinander bringt keine Gewinner, sondern nur Verlierer. Ich glaube auch nicht, dass es gottgegeben sein muss, dass Russland und die USA rivalisierende Blöcke sind, die sich eisern gegenüberstehen. Wir wollen als OSZE den Kampf gegen Radikalisierung als Schwerpunkt setzen, gerade hier können USA und Russland an einem Strang ziehen.

Die USA haben aktive Außenpolitik betrieben, auch wenn man über die Erfolge diskutieren kann – wenn Trump zum Isolationismus schwenkt, geht da eine ordnende Hand verloren?

Die Außenpolitik der USA war mit Ausnahme des Iran-Deals, den die Europäische Union federführend geschmiedet hat, nicht über die Maßen erfolgreich in den letzten Jahren. Natürlich gibt es viele Aussagen und Tweets aus dem Wahlkampf, die man sehr ausführlich interpretieren und verurteilen könnte. Und manche Aussagen wurden auch verkürzt, wie die von der "obsoleten Nato", wo Trump sinngemäß dazugefügt hat, wenn die anderen Nato-Mitglieder nicht mehr Beiträge leisten. Sinnvoller ist es, den Blick in die Zukunft zu richten, abzuwarten, welche Handlungen die neue Administration und der neue Präsident setzen, und sie nach den Taten zu beurteilen.

Besteht die Gefahr, dass der neue amerikanische Isolationismus ansteckend ist?

Die Amerikaner haben bisher auch schon eine sehr interessengetriebene Außenpolitik verfolgt. Ich verurteile das nicht, denn das ist auch mein Job als Außenminister, unsere Werte, aber auch unsere Interessen zu vertreten. Klar ist aber, dass wir als kleines Land auf eine starke internationale Kooperation angewiesen sind und weiterhin auf einen ausgeprägten Multilateralismus setzen, dass wir als exportorientiertes Land weiterhin auf Freihandel, den Abbau von Handelshemmnissen und gute Wirtschaftsbeziehungen in die ganze Welt setzen.

Deutschlands Autoindustrie zittert schon, Stichwort: angekündigte 35-Prozent-Steuern für Auto-Importe.Die USA sind für uns nach Deutschland der zweitwichtigste Exportmarkt. Wenn es hier mehr an Protektionismus gibt, dann trifft uns das definitiv auch. Aber wie gesagt: Noch ist der Präsident nicht im Amt, und es gibt noch Grund zur Hoffnung, dass nicht alle Ankündigungen umgesetzt werden.

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