Bewältigung der Migration: "Zusammenhalt oder Zerfall Europas"

Bewältigung der Migration: "Zusammenhalt oder Zerfall Europas"
Nach Berlin und Paris steht dem Kanzler ein heikler Rom-Besuch bevor. Der Brexit entwickelt sich zum Drama.

Wenn die Staats- und Regierungschefs der europäischen Union am Mittwoch und  Donnerstag dieser Woche in Salzburg zusammenkommen, werden sie eine Menge brisanten Gesprächsstoff haben. Beim Migrationsthema sind konkrete Maßnahmen geboten. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel fand kürzlich im Bundestag drastische Worte: „Die Bewältigung der Zuwanderung entscheidet über Zusammenhalt oder Zerfall Europas.“ 

Ein zentrales Thema bei der Migration ist der EU-Außengrenzschutz. Zwar haben sich die Staats- und Regierungschefs bereits auf ihrem Juni-Gipfel zu einem Ausbau der Grenzschutzagentur Frontex bekannt. Aber das war nicht mehr als eine Überschrift.

Vergangene Woche hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker der Überschrift einen Text beigefügt: auf 200 Seiten  hat Juncker eine neue Grenzpolizei  entworfen. Demnach soll Frontex binnen zwei Jahren auf 10.000 Mann aufgestockt werden und die Befugnis bekommen, in Mitgliedsstaaten mit Außengrenze tätig zu werden, um illegale Migration zu stoppen.

Darüber hinaus soll die neue Grenzpolizei in Drittstaaten und im Mittelmeer aktiv werden dürfen, „um Boote am Ablegen zu hindern oder sie aus Gewässern nahe der afrikanischen Küste oder aus internationalen Gewässern zur Umkehr zu zwingen“, sagt Kanzler Sebastian Kurz. „Frontex mit umfassenden Kompetenzen auszustatten bedeutet, dass Staaten, die an der Außengrenze liegen, nationale Kompetenzen abgeben“, sagt Merkel.

Und daran spießt es sich.

Kurz bei Merkel und Macron

„Söldner aus Brüssel“

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban poltert, „nicht mehr die Söhne Ungarns, sondern Söldner aus Brüssel sollen unsere nationalen Grenzen schützen“.
 Bedeutender als der ungarische Widerstand ist jedoch jener der Südländer: Spanien, Griechenland und Italien wehren sich gegen ein europäisches Grenzregime. Der Grund dürfte sein, dass diese Länder derzeit Flüchtlinge mitunter nicht akkurat registrieren, um sie nicht aufnehmen zu müssen,  sondern sie lassen sie stillschweigend in andere EU-Länder (Deutschland) weiterreisen.

Die Niederlande wiederum haben Bedenken wegen der Kosten von Frontex.

Diese diffizile Interessenlage ist der Hintergrund für die Hauptstadt-Tour von Kanzler Kurz. Als EU-Ratsvorsitzender muss er versuchen, die unterschiedlichen Standpunkte auf die Reihe zu bekommen. Kurz war bereits in Madrid, in Berlin und in Paris. Was hat er dort bisher erreicht? 

Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron stehen voll hinter dem Juncker-Vorschlag für eine starke Grenzpolizei und unterstützen Kurz bei seinem Bemühen, eine Lösung bei den Befugnissen für Frontex  zu finden. Mit diesem starken Rückenwind kann er den südlichen Ländern klar machen, dass „sie sich beim Außengrenzschutz helfen lassen müssen“ (Merkel), wenn sie ihrerseits Hilfe anderer EU-Länder bei der Aufnahme von Flüchtlingen wollen. In dieser Bandbreite und in der genauen Formulierung  der supranationalen Kompetenzen für Frontex kann ein Kompromiss liegen, über den in Salzburg geredet wird.

 

  • Der Gipfel in Salzburg:

19. September: 
Die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Mitgliedstaaten treffen am Mittwoch in Salzburg ein. Geplant ist ein  informelles Abendessen zum Hauptthema Migration. Dabei geht es um die Themen innere Sicherheit und  Außengrenzschutz. Im Zentrum steht dabei der  Ausbau von Frontex.

20. September:
Am Donnerstag treffen die EU-Führungsspitzen ohne ihre britische Amtskollegin Theresa May zusammen. Thema ist der Stand der Brexit-Verhandlungen und die finalen Gespräche in den nächsten Wochen. 

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