Kurz in Serbien: Auch Vucic will "Grenzen schützen"

Kurz und Vucic (Bild von 2015)
Minister auf Westbalkan-Reise. Kurz dankbar, dass Serbien "am selben Strang zieht".

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz setzt seine Westbalkan-Reise heute mit einem Besuch in Serbien fort. Mit Premier Aleksandar Vucic und Außenminister Ivica Dacic berät Kurz vor allem gemeinsame Strategien zur Eindämmung des Flüchtlingsbewegung auf der Balkanroute.

Serbien ist bis dato hauptsächlich Transitland auf dieser Route. Die große Mehrheit der über Griechenland und Mazedonien kommenden Flüchtlinge verließ das Land nach wenigen Tagen Richtung Zentraleuropa. Im vergangenen Jahr waren insgesamt rund 600.000 Flüchtlinge durch Serbien gereist, in diesem Jahr dürfte ihre Zahl auf 1,2 Millionen ansteigen. Und die österreichische Grenzschließung dürfte einen Dominoeffekt auslösen. Vucic machte klar, dass sein Land die Grenzen "schützen" werde, sollte es einen Rückstau von Flüchtlingen geben. "Es gibt Grenzen, wie weit Serbien gehen kann", so Vucic nach dem Treffen mit Kurz. Sollten Österreich, Slowenien und Kroatien seine Grenzen für Flüchtlinge schließen, werde Serbien "reagieren müssen", um sein Territorium und sein Volk zu schützen. "Wir werden uns an die europäischen Grundsätze halten, dabei aber unser nationales Interesse wahren", betonte Vucic. Belgrad werde "keine Mauern und Zäune errichten", weil die serbischen Sicherheitskräfte stark genug seien, das Staatsgebiet zu schützen. "Ich sehe keine Lösung in Mauern, und das denke ich auch jetzt noch", bekräftigte der serbische Premier sein Eintreten für eine europäische Lösung in der Flüchtlingskrise. In diesem Zusammenhang wiederholte er das Angebot Belgrads, sich an der Quotenregelung zur Aufteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU zu beteiligen.

Kooperation

"Wir verstehen ganz gut, mit welchen Schwierigkeiten Österreich zu kämpfen hat", sagte Vucic. Er wies darauf hin, dass Österreich zwei Milliarden Euro für die Aufnahme von 90.000 Flüchtlingen habe aufwenden müssen. "Serbien kann das nicht." Das Land werde nicht zulassen, dass der Flüchtlingszustrom seine wirtschaftliche Zukunft gefährde, betonte der Ministerpräsident.

Österreich sei sich bewusst, dass die österreichische Grenzschließung "Auswirkungen haben kann auf die Länder entlang der Westbalkanroute", sagte Kurz. Man wolle nun "ganz gezielt mit den Staaten auf der Westbalkanroute zusammenarbeiten", um den Zustrom zu reduzieren. Mit Mazedonien habe es diesbezüglich schon "sehr konkrete Gespräche" gegeben, und auch Länder wie Kroatien oder Slowenien würden den Vorstoß unterstützen, die Grenze zu Griechenland zu sichern, so Kurz. "Ich bin dankbar für alle Länder, die mit uns an einem Strang ziehen."

Die serbische Regierung schmiedet laut der Tageszeitung "Danas" nun auch Pläne für eine Langzeitunterbringung von rund 6.000 Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. Bisher war nur von Zentren für die vorläufige Unterbringung die Rede.

Außenminister Kurz war bereits am Montagabend in Belgrad eingetroffen und hatte dort gemeinsam mit WKÖ-Präsident Christoph Leitl an einem Treffen mit österreichischen und serbischen Unternehmern teilgenommen. Kurz und Leitl legten dabei ein klares Bekenntnis zur EU-Annäherung Serbiens ab. "Wir werden immer ein starker Partner für Serbien auf dem Weg in die EU sein", betonte Kurz. Diesem Zweck soll auch ein gemeinsamer Aktionsplan dienen, den Kurz und Dacic in Belgrad vorstellen wollen. So haben sich Wien und Belgrad vorgenommen, heuer die Eröffnung von sechs Kapiteln in den EU-Beitrittsgesprächen Serbiens zu erreichen. Nach jahrelanger Wartezeit verhandelt Belgrad seit Dezember offiziell mit der EU.

Die Visite in Belgrad hat eine starke wirtschaftliche Note. Vertreter von Regierung und Unternehmen wollen feierlich ein Memorandum of Understanding zum dualen Ausbildungssystem unterzeichnen. Die Lehrlingsausbildung, die derzeit schon von österreichischen Unternehmen in Serbien praktiziert wird, soll ausgeweitet und gesetzlich geregelt werden. "Länder mit einem dualen Ausbildungssystem haben eine um zwei Drittel geringere Jugendarbeitslosigkeit", betonte WKÖ-Präsident Leitl bereits am Montagabend. Sein serbischer Kollege Marko Cadez sagte, dass es bei dieser Reform "um den wichtigsten Kampf unseres Lebens geht, jenen um die Zukunft unserer Kinder, die auf dem europäischen Arbeitsmarkt bestehen können sollen".

Die Wirtschaftskammer Österreich will ihrer serbischen Partnerorganisation auch bei einer Reform helfen. So wurde in Serbien jüngst die gesetzliche Kammermitgliedschaft wieder eingeführt, die Kammer soll nun der serbischen Wirtschaft bei der Vorbereitung auf den EU-Beitritt helfen. Unter anderem ist eine Außenwirtschaftsorganisation sowie Aus- und Weiterbildung nach dem Vorbild des WIFI geplant.

Österreich ist mit einem Investitionsvolumen von 2,8 Milliarden Euro der größte ausländische Investor in Serbien. Die österreichischen Exporte in das größte Westbalkan-Land entwickeln sich dynamisch, in den ersten zehn Monaten des Vorjahres legten sie um 11 Prozent auf 460 Millionen Euro zu.

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