"Im Südkaukasus gute Chancen für Österreich"

Sebastian Kurz, Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres im Interview. Wien, 20.06.2014
Der Außenminister zieht Bilanz seiner Reise nach Georgien, Armenien und Aserbaidschan.

KURIER: Fünf Tage Kaukasus – haben Sie gefühlt Asien bereist oder Europa?

Sebastian Kurz (lacht, Anm.): Wir haben gefühlt jedenfalls Europa bereist. Insbesondere Georgien ist ein Land, das ganz klar westlich orientiert ist, das in die Europäische Union strebt. Und das auch, was die demokratischen Strukturen betrifft, durchaus, was die Möglichkeiten für die Wirtschaft betrifft, sich die Europäische Union zum Vorbild gesetzt hat.

Würden Sie das über Armenien und Aserbaidschan auch sagen?

Armenien hat eine etwas andere Situation. Armenien ist genauso im Spannungsverhältnis zwischen Europa und Russland wie auch Georgien. Allerdings mit einer anderen Richtung. Es gibt hier kein Assoziierungsabkommen, sondern eine recht enge Kooperation mit Russland. Und ich glaube, da geht es jetzt darum, die östliche Partnerschaft der EU so flexibel zu gestalten, dass das Land nicht noch stärker in eine Entweder-oder-Situation gedrängt wird.

Ihre Reise war ja mit dem Außendienst der EU akkordiert. Was genau will die EU in der Region?

Klar ist, dass die EU diese Länder als Partner haben möchte und mit dem Abkommen eine ganz klare Perspektive für diese Länder anbietet. Die jüngere Geschichte hat uns aber gelehrt, dass die Werkzeuge Beitritt und Assoziierungsabkommen für viele Länder maßgeschneidert sind, dass es aber auch Länder gibt, wie Armenien, sicherlich die Ukraine oder auch Moldau, die in einem solchen Spannungsverhältnis zwischen Europa und Russland sind, dass man hier behutsamer sein muss und diese Länder proaktiv dabei unterstützen muss, , um sie nicht zwischen Russland und der EU quasi zu zerreißen – nicht um Russland nachzugeben, sondern weil es zum Wohle dieser Länder ist.

Sie sprechen von einer europäischen Perspektive, aber welche Perspektive genau ist das – der Beitritt?

In Georgien ist sicher wirtschaftlich mehr drin. Wir haben während der gesamten Reise gespürt, dass ein großes Interesse österreichischer, aber auch anderer europäischer Unternehmen besteht und dass auch die Bereitschaft von der georgischen Seite da ist, dass die Investments hier nicht nur Rechtssicherheit vorfinden, sondern auch serviciert werden, dass diese Investments auch stattfinden werden. Ich glaube, dass die wirtschaftliche Perspektive Georgiens eine positive ist. Und österreichische Investitionen sind ja nicht nur für die Wirtschaft gut, sondern auch eine Möglichkeit, Arbeitsplätze und damit Wohlstand zu sichern.

Gerade aber was Aserbaidschan angeht, so werden westliche Investments von Regimegegnern gerne als Trojanische Investments bezeichnet und nicht gerne gesehen, weil diese die Regierung stützen. Wie stehen Sie dazu?

Das sehe ich gar nicht so. Die Wirtschaft ist eine von mehreren Säulen, um die Weiterentwicklung eines Landes voranzutreiben. Damit sich ein Land weiterentwickeln kann, braucht es eine Stärkung der demokratischen Struktur, eine Stärkung der Justiz. Ein Bildungssystem. Aber natürlich auch Wirtschaftswachstum. Und wirtschaftliche Kooperationen sind meistens eine Chance, wo beide davon profitieren können. Wir sind ein exportorientiertes Land. Dafür braucht es Märkte.

Sie haben die Konflikte in der Region angesprochen. Strahlt der der Ukraine hierher aus?

Der Ukraine-Konflikt hat in einem dramatischen Ausmaß die Spannungen, die es im Hintergrund gab und gibt, sehr sichtbar gemacht.

Wie sieht die Bilanz Ihrer Reise aus?

Der gesamte Südkaukasus bietet Chancen für österreichische Unternehmen. In Aserbaidschan ist das Hauptthema aber vor allem die Menschenrechtssituation. Wir haben die Möglichkeit gehabt, die besorgniserregende Situation anzusprechen, vor allem die vielen politischen Gefangenen sowie die eingeschränkte Medienfreiheit.

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