Gratulationen und Kritik: Wie Europa auf Orbans Sieg reagiert

Ministerpräsident Viktor Orbán bei Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Während Kurz gratulierte, reagierte Merkel verhalten auf den Sieg Orbans. Auch im Rest der EU sind die Meinungen gespalten.

Nach dem klaren Wahlsieg Viktor Orbans haben sich die Regierungsspitzen vieler europäischer Länder zu Wort gemeldet. Doch die Meinungen darüber sind gespalten. Während die einen gratulieren, sprechen andere etwa von einem ungarischen "Wertetumor" oder einer Gefahr für die europäische Demokratie.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, der derzeit China besucht, gratulierte Orban über den Kurznachrichtendienst Twitter zur Wiederwahl. Ungarn sei ein wichtiger Nachbar und Wirtschaftspartner, er freue sich auf die weitere Zusammenarbeit, schreibt Kurz weiter.

Etwas verhaltener fiel die Reaktion der deutschen Kanzlerin, Angela Merkel, aus, die Orban schriftlich ihre Glückwünsche ausdrückte. Dabei habe sie an die enge Verbindung der beiden Länder erinnert, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Es sei aber auch ganz offensichtlich, dass es in der Zusammenarbeit "Kontroversen" gebe.

Begeisterung von rechts

Begeistert zeigten sich hingegen die Mitglieder der europäischen Rechten. Österreichs Vizekanzler Strache schrieb auf Facebook: "Herzliche Gratulation an Viktor Orban zum herausragenden Ergebnis bei der Parlamentswahl! Es zeigt sich, dass immer mehr Bürger in ganz Europa eine restriktive Asyl- und Migrationspolitik befürworten!"

Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen schrieb auf Twitter von einem "großen und eindeutigen Wahlsieg". Erfreut war sie vor allem über das Zeichen in Richtung Brüssel: "Die von der EU angepriesene Umkehrung der Werte und die Masseneinwanderung wurden neuerlich abgestraft. Die national Denkenden können bei den nächsten Europawahlen 2019 die Mehrheit bilden."

Auch der slowenische Oppositionsführer Janez Jansa hat den Sieg von Orban als "historisch" bejubelt. "Viktor Orban hat für Ungarn, für Europa und den ganzen euroatlantischen demokratischen Raum gesiegt", teilte der Chef der konservativen Demokratischen Partei (SDS) in der Nacht auf Montag mit. Historisch sei das Ergebnis "zunächst wegen der hohen Wahlbeteiligung, wodurch Viktor Orban die höchste demokratische Legitimität bisher hat. Dann deswegen, weil es der dritte Wahlsieg in Folge ist. Und nicht zuletzt deswegen, weil gegen Fidesz und Orban auch die globalen linksgerichteten und Oligarchen-Medien agitiert haben sowie Organisationen, deren Ziel die Veränderung des Wertefundaments der europäischen Zivilisation ist", griff Jansa offenkundig die umstrittene Anti-Soros-Argumentation Orbans auf. Dieser unterstellt dem aus Ungarn stammenden jüdischen Milliardär und Philanthropen George Soros einen "Plan" zur Ansiedlung von Millionen Migranten in Europa.

"Völlig inakzeptabel"

Während Jansa davon begeistert scheint, kritisierte NEOS-EU-Abgeordnete Angelika Mlinar die Plakataktionen Orbans gegen Soros scharf. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion erklärte sie am Montag, dass Soros sei in einer "antisemitischen Kampagne" als "böser Jude" dargestellt worden. Dies erinnere an die 1930er Jahre und sei "völlig inakzeptabel".

Auch die mit Orban verbündete polnische Regierung gratulierte der Fidesz zur Wiederwahl. Der nationalkonservative Ministerpräsident Mateusz Morawiecki schrieb: "Ich gratuliere Premier Viktor Orban zum dritten Sieg bei den Parlamentswahlen in Folge. (...) Der Weg der Reformen ist nie einfach. Die Unterstützung der Mehrheit der Gesellschaft zeigt, dass es sich lohnt, diese Herausforderung anzutreten." Er wünsche Ungarn und Europa in der neuen Kadenz viel Erfolg, schrieb Morawiecki weiter. Indes erklärte der polnische Vizeaußenminister Konrad Szymanski, er sehe in dem Sieg eine Bestätigung der Emanzipationspolitik Osteuropas in der EU. Diese Politik mache Osteuropa als konstruktiven Partner in Europa und der Europäischen Union sichtbar.

Kritik an Gratulationsbotschaften

Andere Mitgliedsstaaten der EU zeigen sich hingegen über Orbans EU-kritische Haltung und seinen Anit-Migrationskurs besorgt. So rief etwa Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn die übrigen EU-Staaten zu einem energischen Handeln auf. Die EU-Mitgliedstaaten müssten sich "schnell und unmissverständlich auf der Basis des europäischen Vertragswerks" einbringen, "um diesen Wertetumor zu neutralisieren", sagte Asselborn zur Zeitung Die Welt.

Während der Kanzler gratulierte kommen neben Mlinar auch aus Österreich kritische Stimmen in Richtung Ungarn. Der Europaabgeordnete Othmar Karas (ÖVP) kritisierte die Art, mit der der ungarische Regierungschef seinen Wahlkampf geführt hat. "Der Wahlerfolg rechtfertigt diese Politik, die Sprache, den Antisemitismus, die Korruption und den Nationalismus nicht", erklärte Karas. "Mit einer solchen Politik eine Zweidrittelmehrheit zu erringen, ist gefährlich und muss die europäische Demokratie und die Freunde der EU-Werte herausfordern", schrieb er auf Twitter und appellierte, vor dem Abschicken von Gratulationsbotschaften an Orban sich dessen Politikstil genau anzuschauen. Orbans Fidesz gehört wie die ÖVP der Europäischen Volkspartei (EVP) an, deren Vorsitzender, Manfred Weber, bereits zum "klaren Sieg" gratulierte.

Letzteres erzürnt wiederum den sozialdemokratischen Fraktionsvize Josef Weidenholzer. Er forderte die EVP auf, endlich aufzuwachen: "Statt Glückwünsche zu übermittel sollten sie einfordern, dass unsere demokratischen Werten nicht weiter ausgehöhlt werden und Orban seinen Abschottungskurs verlässt", meinte er. In den vergangenen Jahren habe Orban "mutwillig ein Klima der Angst und der Panikmache befeuert, das eines EU-Mitgliedstaates nicht würdig ist. Orbans Politik geht auf Kosten der ungarischen Rechtstaatlichkeit und der Demokratie. Wie sumpfig es rund um Orban geworden ist, zeigen auch die aktuellen Korruptionsskandale", sagte Weidenholzer.

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