Historischer Aufruf: Öcalan fordert Ende des PKK-Kampfes gegen Türkei

Historischer Aufruf: Öcalan fordert Ende des PKK-Kampfes gegen Türkei
Die Organisation PKK soll den Kampf gegen die Türkei beenden und sich selbst auflösen. Ob die PKK dem Aufruf Öcalans folgt, ist noch unklar.

Der inhaftierte PKK-Anführer Abdullah Öcalan hat zur Beendigung des bewaffneten Kampfes gegen die Türkei aufgerufen.

Er forderte die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) dazu auf, die Waffen niederzulegen und sich aufzulösen, wie die pro-kurdische Partei DEM am Donnerstag in Istanbul mitteilte. Sie berief sich dabei auf einen von Öcalan verfassten Brief, aus dem sie zitierte.

Friedensprozess: Erster Schritt seit über zehn Jahren

Der Aufruf des 75-Jährigen könnte zu einem neuen Friedensprozess zwischen PKK und türkischer Regierung führen - der erste Schritt dieser Art seit mehr als zehn Jahren. Zuletzt wurde 2013 eine Waffenruhe ausgerufen, der Friedensprozess scheiterte aber im Sommer 2015. Die PKK ist in der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation gelistet.

Die PKK kämpft seit den 1980er Jahren mit Waffengewalt und Anschlägen für einen kurdischen Staat oder ein Autonomiegebiet im Südosten der Türkei. Inzwischen ist die PKK nach eigenen Angaben von der Maximalforderung eines unabhängigen Staates abgerückt. In dem Konflikt sind bisher mehr als 40.000 Menschen ums Leben gekommen. Die Kurden stellen rund 20 Prozent der türkischen Bevölkerung, sie sind aber auch in Syrien, dem Irak und dem Iran vertreten.

Die Erklärung Öcalans stieß auf großes öffentliche Interesse. Im kurdisch geprägten Südosten des Landes wurde sie auf öffentlich aufgestellten Bildschirmen übertragen. Ob die PKK seinem Aufruf folgt, ist noch ungewiss. Zur PKK-Führungsriege gehören etwa Murat Karayılan und Cemil Bayık, die vom türkischen Staat wegen Terrorvorwürfen gesucht werden.

Konflikt mit PKK in Türkei betrifft auch Syrien

Das PKK-Hauptquartier liegt in den nordirakischen Kandil-Bergen. Der Konflikt verlagerte sich nach Angaben der International Crisis Group seit 2019 von der Türkei in den Nordirak und nach Nordsyrien, nachdem das türkische Militär die PKK-Kämpfer immer weiter zurückgedrängt hatte.

In Nordsyrien kontrolliert die Kurdenmiliz YPG, die Ankara als PKK-Ableger bekämpft, große Gebiete. Beobachter gehen davon aus, dass der Konflikt zwischen türkischer Regierung und PKK nur im Zusammenspiel mit einer Lösung in Nordsyrien beigelegt werden kann.

Ultranationalisten gaben Anstoß

Der erste Anstoß zu neuen Verhandlungen kam ausgerechnet von den Ultranationalisten der Partei MHP, Regierungspartner von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Der MHP-Chef Devlet Bahçeli hatte Ende vergangenen Jahres eine mögliche Freilassung Öcalans thematisiert, sollte die PKK die Waffen niederlegen. Im Dezember durfte Öcalan das erste Mal seit Jahren im Gefängnis Besuch von Parteifunktionären der DEM empfangen.

Die DEM stellt im Südosten der Türkei zahlreiche Bürgermeister. Sie setzt sich auf politischem Weg für mehr Rechte für die Kurden ein. Die Regierung wirft der Partei vor, verlängerter Arm der PKK zu sein. Die DEM weist das zurück.

Europa gilt als "Ruhe- und Rückzugsgebiet"

Der 1949 geborene Öcalan sitzt seit 1999 in einem Gefängnis auf der Insel İmralı südlich von Istanbul. Er gründete die PKK im Jahr 1978 in der Provinz Diyarbakır im Südosten der Türkei als marxistisch inspirierte Organisation. 

Laut dem jüngsten österreichischen Verfassungsschutzbericht 2023 konzentrierte sich die PKK in Österreich zuletzt vor allem auf die finanzielle und logistische Unterstützung der Mutterorganisation. Brauchtumsveranstaltungen etwa zum kurdischen Neujahrsfest Newroz sind demnach oft politisch geprägt und wurden von Tausenden Menschen besucht. Europa gelte "primär als Ruhe- und Rückzugsgebiet". Die Direktion Staatschutz und Nachrichtendienst (DSN) verzeichnet zudem immer wieder Anknüpfungspunkte zwischen dem einheimischen Linksextremismus und der PKK. In Österreich ist die öffentliche Zurschaustellung des Symbols der Organisation mit Verwaltungsstrafe belegt.

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