Angriffe auf Donau
Zuvor hatte Russland freilich ukrainische Häfen an der Schwarzmeerküste und an der Donau mit Raketen angegriffen, wodurch Zehntausende Tonnen ukrainisches Getreide zerstört wurden. Nach diesen Angriffen und der Blockade gaben ukrainische Beamte im Juli eine Erklärung ab, dass russische Schiffe im Schwarzen Meer nicht mehr sicher seien. „Alles, was mit den Schiffen der Russischen Föderation oder der Krim-Brücke geschieht, ist ein absolut logischer und effektiver Schritt in Bezug auf den Feind. Außerdem werden solche Spezialoperationen in den Hoheitsgewässern der Ukraine durchgeführt und sind völlig legal“, sagte Vasyl Malyuk, Leiter des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes.
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Rekord-Exporte
Die Anschläge gefährden zum ersten Mal die russischen Rohstoffexporte über das Schwarze Meer, eine Route, über die der größte Teil des russischen Getreides und 15 bis 20 Prozent des Öls, das Russland täglich auf den Weltmärkten verkauft, abgewickelt wird. 45,5 Millionen Tonnen Weizen dürfte Russland im Handelsjahr 2022/23 exportiert haben – so viel wie noch nie. Anhaltende ukrainische Angriffe im Schwarzen Meer dürften aufgrund des steigenden Risikos die Kosten für Transporte in die Höhe treiben. Oder – sollten sie an Intensität zunehmen – den russischen Getreideexport, der um einiges höher ist als jener der Ukraine, drastisch reduzieren. Die Folge wäre eine weitere Verschärfung des Getreidepreises.
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Taktikwechsel Kiews
Dass die Angriffe auf die Brücken die russische Versorgung an der Front drastisch verschlechtern, darf bezweifelt werden – der Großteil der Lieferungen verläuft bereits übers Festland im Süden der Ukraine. Dort steckt die ukrainische Gegenoffensive seit zwei Monaten fest.
Keine ausreichende Flugabwehr, keine Lufthoheit – und ein Feind, der den Einsatz seiner Waffen immer besser koordiniert und synchronisiert. Sowohl die Kommunikation zwischen russischer Drohnenaufklärung und Artillerie als auch der Kampf mit Drohnen generell hat entscheidend dazu beigetragen, dass die ukrainischen Streitkräfte nach wie vor keine entscheidenden Durchbrüche verzeichnen konnten – und das unter massiven Verlusten. Täglich tauchen neue, geolokalisierte Videos von russischen Drohnen auf, die in ukrainische Kampf- und Schützenpanzer einschlagen oder aber ein Artilleriegeschütz zerstören. Mehr als 500 Fahrzeuge oder Systeme sollen bereits zerstört worden sein. Bereits vor wenigen Wochen änderten die ukrainischen Streitkräfte ihr Vorgehen. Zu verlustreich waren die Angriffe nach westlichem Vorbild – freilich ohne Luftunterstützung.
Dazu kommt, dass selbst wenn eine Ortschaft befreit ist, sich die russischen Truppen zurückgezogen haben, die russische Artillerie unbarmherzig dreinschlägt. Die ukrainischen Streitkräfte verlagern sich derzeit ebenso auf diese Waffengattung, versuchen, die russische Verteidigung durch Artillerieangriffe langsam aber sicher zu zermürben. Dadurch verschießen die ukrainischen Streitkräfte Berichten zufolge derzeit bis zu 8.000 Schuss Artilleriemunition am Tag. So viel, wie Europa etwa in zehn Tagen produziert.
Dieser neue Abnützungskrieg belastet die US-amerikanischen und europäischen Arsenale massiv, weswegen Kiew mittlerweile von den USA gelieferte Streumunition einsetzt, während Washington auf der ganzen Welt versucht, neue Lieferanten zu finden.
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