Prorussische Separatisten sollen Lyman im Osten eingenommen haben
Die pro-russischen Separatisten in Donezk haben nach eigenen Angaben die Stadt Lyman im Osten der Ukraine eingenommen. Die strategisch wichtige Stadt sei vollständig unter ihrer Kontrolle, teilen die Separatisten in der selbst ernannten Volksrepublik Donezk mit. Eine unabhängige Bestätigung dafür war zunächst nicht zu erhalten. Russische und ukrainische Truppen bekämpfen einander seit Tagen erbittert im Donbass, in dem die Regionen Donezk und Luhansk liegen.
Sie stehen zu weiten Teilen seit 2014 unter Kontrolle der Separatisten. Die besonders schwer umkämpfte Großstadt Sewerodonezk zählt mehr als drei Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs zu den letzten Teilen von Luhansk, die noch von der ukrainischen Armee kontrolliert werden. Unweit der Stadtgrenze wird aber bereits heftig gekämpft. Beobachter befürchten, dass ukrainische Brigaden in Sewerodonezk von russischen und prorussischen Militärs eingekesselt werden könnten.
Offiziellen Angaben zufolge sind in Sewerodonezk seit Kriegsbeginn rund 1.500 Menschen getötet worden. Darunter seien sowohl Soldaten als auch Zivilisten, sagte der Chef der lokalen Militärverwaltung, Olexandr Strjuk, am Freitag. Viele Menschen seien zudem geflüchtet. Von den einst 130.000 Einwohnern sei mittlerweile nur noch rund ein Zehntel da. Der Gouverneur des Luhansker Gebiets, Serhij Hajdaj, berichtete zudem von vier Toten durch russischen Beschuss auf Sewerodonezker Wohnviertel am Vortag.
Kann die Ukraine standhalten?
Der frühere Bundeswehr- und NATO-General Hans-Lothar Domröse geht davon aus, dass die Ukraine dem russischen Vormarsch im Donbass in den kommenden Wochen nicht vollständig standhalten kann. "Jetzt kommt der große Schwung der Weltmacht Russland zum Tragen. (...) Sie sind reichweiten- und zahlenmäßig überlegen", sagte der Deutsche am Freitag dem Nachrichtenradio MDR Aktuell. Die ukrainischen Kräfte könnten den Vormarsch maximal hier und da verzögern.
Im Herbst andere Lage
Ab Herbst könnten die Ukrainer aber wieder mehr Widerstand leisten, so Domröse. In etwa einem halben Jahr werde das Land viel mehr westliche Waffensysteme haben und die Soldaten viel besser an diesen ausgebildet sein. "Bis dahin werden sie aber noch schwere Schläge hinnehmen müssen", sagte Domröse. Die Zeit spiele etwas für die Ukraine, "wenn sie durchhält".
Veraltetes Gerät bei den Russen
Die russische Armee greift nach Ansicht britischer Regierungsexperten bei ihrer Invasion der Ukraine inzwischen auf veraltetes Gerät zurück. Moskau habe wahrscheinlich in den vergangenen Tagen 50 Jahre alte T-62-Panzer aus Lagerbeständen geholt und in den Einsatzbereich des südlichen Streitkraftverbands gebracht, hieß es in einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums in London am Freitag.
"Die T-62-Panzer werden beinahe mit Sicherheit besonders gefährdet sein durch Panzerabwehrwaffen, und ihre Anwesenheit auf dem Schlachtfeld wirft ein Schlaglicht auf Russlands Mangel an modernem, einsatzbereitem Gerät", so die Mitteilung weiter. Der südliche Streitkraftverband der Russen dürfte nach Ansicht der britischen Experten weiterhin mit der Besetzung von Gebiet in der Südukraine beauftragt sein.
USA überlegen Mehrfachraketenwerfer zu schicken
Die US-Regierung zieht einem Medienbericht zufolge in Erwägung, fortschrittliche Mehrfachraketenwerfer mit hoher Reichweite in die Ukraine zu schicken. Die in den USA hergestellten Artilleriesysteme MLRS und HIMARS könnten Raketen über Hunderte Kilometer abfeuern, berichtete der Sender CNN am Donnerstag unter Berufung auf mehrere Beamte. Ein neues militärisches Hilfspaket könnte bereits in der kommenden Woche angekündigt werden.
Kommentare