US-Außenminister Blinken: Russland will ukrainische Regierung stürzen
Russlands Präsident Wladimir Putin will nach Ansicht von US-Außenminister Antony Blinken die ukrainische Regierung stürzen. Er sei "überzeugt", dass Putin dies versuchen werde, sagte Blinken am Donnerstag (Ortszeit) im Gespräch mit dem TV-Sender ABC im Hinblick auf die Regierung von Präsident Wolodymyr Selenskyj. US-Präsident Joe Biden plant indes kein Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Diese Aggression kann nicht unbeantwortet bleiben", sagte er.
"Ich plane nicht, mit Putin zu reden", sagte Biden am Donnerstag bei einer Ansprache im Weißen Haus in Washington. Biden bezeichnete Russlands Angriff auf die Ukraine als großen Fehler Moskaus: "Putins Aggression gegen die Ukraine wird Russland am Ende teuer zu stehen kommen, wirtschaftlich und strategisch." Er betonte: Amerika stehe für die Freiheit ein. Dies sei ein gefährlicher Moment für Europa und für die Freiheit auf der ganzen Welt. Doch die Freiheit werde sich am Ende durchsetzen.
Selenskyj ein "Hauptziel für russische Aggressionen"
Blinken betonte: "Wir wissen, dass es Teil des russischen Plans ist, Kiew in Gefahr zu bringen, die Hauptstadt anzugreifen und auch gegen andere Großstädte vorzugehen", sagte Blinken. "Wir sehen Truppen, die aus dem Norden kommen, aus dem Osten und aus dem Süden", sagte Blinken weiter. Sein Sprecher bezeichnete Selenskyj als ein "Hauptziel für russische Aggressionen". "Präsident Selenskyj verkörpert in vielerlei Hinsicht die demokratischen Bestrebungen und Ambitionen der Ukraine und des ukrainischen Volkes", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums Ned Price am Donnerstagabend dem Sender CNN. Daher bleibe er ein Hauptziel der Russen.
Fast wortgleich äußerte sich Selenskyj in Kiew. "Nach unseren Informationen hat mich der Feind zum Ziel Nr. 1 erklärt, meine Familie zum Ziel Nr. 2", sagte er in einer Videobotschaft. Es gebe falsche Berichte, dass er Kiew verlassen habe. "Ich bleibe in der Hauptstadt, bleibe bei meinem Volk." Aber er dürfe nicht sagen, wo genau er sich aufhalte. Der 44-jährige Staatschef und frühere Fernsehkomiker trug ein braunes T-Shirt; gefilmt wurde er an einem nicht identifizierbaren Ort. Der ukrainische Präsident bestätigt außerdem, dass bei den Kämpfen bisher 137 Militärangehörige und Zivilisten getötet und Hunderte von Menschen verletzt worden seien.
USA kündigten harte Sanktionen an
Zuvor hatte Biden weitere "harte Sanktionen" gegen Russlands Finanzbranche und den Technologiesektor angekündigt. Die Maßnahmen könnten im Fall einer weiteren Eskalation noch verschärft werden. Betroffen von den neuen Finanzsanktionen seien vier Kreditinstitute, die zusammen rund ein Drittel der russischen Vermögen hielten, so Biden. Darunter sei auch Russlands zweitgrößtes Institut, die VTB Bank, sowie die größte russische Bank, die Sperbank. Die Banken würden damit vom US-Finanzmarkt und Geschäften in US-Dollar ausgeschlossen. Gleiche Schritten seien auch von den Partnern in der EU, Großbritannien und Japan geplant, so Biden weiter.
"Putin ist der Aggressor", meinte der US-Präsident. Nun werde sein Land die Folgen seines Handelns spüren. Es werde starke Exportkontrollen geben. Auch würden nun weitere Personen aus Putins Umkreis direkt mit Sanktionen belegt.
Die finanziellen Strafmaßnahmen zielen darauf ab, den Finanzinstituten den Zugang zum wichtigen US-Finanzmarkt und der globalen Reserve- und Handelswährung, dem US-Dollar, zu verwehren. Die EU plant unterdessen bereits weitere Sanktionen, um russische Kreditinstitute von den europäischen Finanzmärkten abzuschneiden.
Japan kündigte Sanktionen an
Japan kündigte unterdessen weitere Sanktionen gegen Russland an. Das neue Paket beinhalte Exportkontrollen bei Halbleitern und anderen Produkten, erklärte der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida am Freitag. Außerdem werde das Vermögen von russischen Finanzinstituten eingefroren und Visavergaben für bestimmte russische Personen und Einrichtungen gestoppt.
Japan hatte bereits am Mittwoch erste Sanktionen gegen Russland angekündigt. Dazu gehört das Einfrieren von Visa für Vertreter der beiden Separatistenregionen Donezk und Luhansk und deren Vermögen. Zudem wird der Güteraustausch mit den beiden Regionen sowie die Ausgabe und der Handel mit russischen Anleihen in Japan verboten. Damit schloss sich Japan seiner Schutzmacht USA und Europa an.
Auch Australien plant Sanktionen
Auch Australien verhängt weitere Sanktionen gegen Russland. Die Strafmaßnahmen zielten auf Einzelpersonen und Abgeordnete ab, sagt Australiens Regierungschef Scott Morrison. Australien werde bei den Sanktionen zusammen mit seinen Partnern arbeiten und den Druck auf Russland erhöhen. Er kritisierte zudem China, weil die Volksrepublik derzeit die Handelsbeschränkungen mit Russland lockere.
Taiwan schloss sich an
Taiwan schloss sich ebenfalls den westlichen Sanktionen an. Taiwan verurteile "die aggressiven Aktionen Russlands gegen die Ukraine", sagte Premierminister Su Tseng-chang am Freitag. "Die ganze Welt hat Russlands Friedensbruch und die Invasion in die Ukraine scharf verurteilt, und wir verurteilen diese Invasion ebenfalls", so Su weiter. "Wir werden zusammen mit anderen demokratischen Nationen Sanktionen erheben." Taiwans Wirtschaftsministerin Wang Mei-hua erklärte, Konsultationen mit anderen Ländern zu führen, um gemeinsame Maßnahmen zu ergreifen.
Die US-Regierung hatte am Mittwoch zudem Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft der deutsch-russischen Pipeline Nord Stream 2 AG verhängt. Damit dürfte das Milliardenprojekt, das Russland große Einnahmen aus dem Erdgasverkauf versprach, vorerst eine Bauruine bleiben. Zuvor hatte die deutsche Bundesregierung das Projekt bereits vorerst auf Eis gelegt.
Davor hatten die G7-Staaten nach Angaben Bidens ein "verheerendes Paket an Sanktionen" und anderen wirtschaftlichen Maßnahmen gegen Russland beschlossen. Darauf habe man sich in der Videoschaltung der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten westlichen Industriestaaten geeinigt. Die USA, Deutschland und fünf weitere führende demokratische Wirtschaftsmächte (G7) hatten Moskau zuvor eindringlich aufgefordert, das Blutvergießen in der Ukraine zu stoppen.
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