Nach Einschätzung des in Washington ansässigen Instituts für Kriegsstudien (ISW) haben die russischen Behörden in letzter Zeit Schritte unternommen, um die Luftverteidigung zu verstärken, auch innerhalb Moskaus selbst. Geolokalisierte Bilder vom Jänner 2023 zeigten, dass die russischen Behörden Pantsir-Luftabwehrsysteme in der Nähe von Moskau platziert haben, um Luftverteidigungskreise um die Stadt zu schaffen.
➤ Wie ein deutscher Flieger vor dem Kreml landete - und wie Drohnen dort einschlagen konnten
Laut ISW deutet die sofortige und koordinierte russische Reaktion auf den Vorfall darauf hin, "dass der Angriff intern so vorbereitet wurde, dass seine beabsichtigten politischen Auswirkungen die Peinlichkeit überlagert, die ein Einschlag am Kreml bedeuten würde". Mit der Aktion kurz vor dem "Tag des Sieges" am 9. Mai solle der Krieg für das heimische Publikum als existenziell dargestellt werden.
Es sei daher äußerst unwahrscheinlich, dass zwei Drohnen mehrere Luftverteidigungsringe hätten durchdringen und direkt über dem Herzen des Kremls detoniert oder abgeschossen werden können - und das laut Bericht auf eine Art und Weise, die von einer Kamera gut eingefangen werden konnte, um spektakuläre Bilder zu liefern.
Die Plattform "Geoconfirmed" davon aus, dass die mittlerweile bekannte Aufnahme, die auch im Titelbild dieses Artikels zu sehen ist, von einem Hotelzimmer aus aufgenommen wurde. Die Spiegelungen im Video sowie der Winkel von dem aus das Video gemacht wurde, deuten auf das Moskauer Kempinski-Hotel hin.
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Dass es für Drohnen trotz der verstärkten russischen Luftabwehr möglich wäre, die etwa 450 Kilometer bis zum Kreml zu gelangen, davon ist der US-OSINT-Experte (Open Source INTelligence) Trent Telenko überzeugt. Software und die Möglichkeit, Radarschatten frühzeitig zu erkennen, gebe es. Dazu haben die ukrainischen Streitkräfte bereits bewiesen, dass sie über Drohnen mit ausreichender Reichweite verfügen.
Eine andere denkbare Variante wäre, dass Saboteure die Drohnen in Moskau gestartet haben - in den vergangenen Wochen gab es mehrere Angriffe auf die russische Infrastruktur. Erst am Dienstagabend entgleiste ein russischer Güterzug in einer Grenzregion zur Ukraine. Er soll unter anderem Treibstoff für russische Einheiten an der Front geladen haben.
Allerdings wäre ein Angriff mit diesen Drohnen, die augenscheinlich wenig Sprengstoff geladen hatten, ein zweckloses Unterfangen für Kiew. Die Symbolkraft, die eine Blamage des Kremls durch die Ukraine hätte, würde von den zu erwartenden Vergeltungsmaßnahmen bei weitem übertroffen, sind sich viele Beobachter sicher.
Unabhängig davon, wie die Explosion zustande kam, hat der Kreml genau diese bereits angekündigt.
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