Soeben eröffnet: Krawattenmuseum in Zagreb
Zagreb liegt auf halbem Weg von Wien zum Meer. Tausende Mitteleuropäer fahren in diesen Tagen wieder an der kroatischen Hauptstadt vorbei – in ungeduldiger Erwartung, endlich wieder in der Adria zu baden. Dabei böte ein Zwischenstopp in Zagreb zumindest eine willkommene Pause und kurzweilige Zerstreuung.
Neu seit der Vorwoche ist das privat geführte Krawattenmuseum in der Zagreber Unterstadt, gleich neben der Zahnradbahn Uspinjača.
„Die Krawatte ist eigentlich eine kroatische Errungenschaft“, erzählt dort Igor Mladinović, der mit seinem Bruder und gemeinsamen Bekannten das „Cravaticum“ eröffnet hat.
Fesche Söldner
Die Erzählung ist selbst in Kroatien nicht überall bekannt: Der französische König Ludwig XIV. engagierte für den 30-jährigen Krieg (1614 – 1644) auch Söldner aus Kroatien. Die Reiter trugen leuchtende rote Tücher um ihren Hals. Von ihren Liebsten in den Krieg geschickt, sollten diese als Liebesbeweis und als Schutz für deren Hälse dienen.
Der Monarch in Paris galt als ebenso eitel wie modebewusst. Erzählt wird, dass er die Krawatten der Kroaten fesch gefunden und daher als „la Cravat“ in seine höfische Modewelt eingeführt hat.
In der Dauerausstellung ist ein Söldner mit rotem Halstuch auf weißem Pferd zu sehen. Ob der im 17. Jahrhundert wirklich so makellose Kleidung metzelte, sei mal dahingestellt.
Sonst bietet das modern gestaltete „Cravaticum“ etliche Aha-Erlebnisse: So können Besucher und Besucherinnen versuchen, selbst einen Schlips zu binden. Vom einfacheren Four-in-Hand bis zum schwierigeren doppelten Windsor-Knoten ist dank Anleitungen an der Wand alles möglich.
Danke, Großvater!
Designaffine können ihre eigenen Motive für einen Binder kreieren. Die dann von einer Jury ausgewählten schönsten Stücke sollen von einer Zagreber Krawatten-Manufaktur in limitierter Auflage produziert werden.
Wer möchte, kann – so wie der kroatische Staatspräsident Zoran Milanović bei der Eröffnung – auch eine Krawatte mit persönlicher Geschichte im Museum hinterlassen.
Herrlich etwa dieser Begleittext: „Geniale Möglichkeit, um diese verhasste Krawatte, die mir mein Großvater geschenkt hat und die ich nie getragen habe, endlich für immer loszuwerden. Ich hoffe nur, der Opa sieht das nicht.“
Ein Symbol im Wandel
Sorgfältig recherchiert und nett aufbereitet, wird auch die Entwicklung der Krawatte vom Alltags- zum Modeaccessoire veranschaulicht: Wie sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts top-down auch Eingang in die Welt der Arbeiterklasse fand, wie sie von selbstbewussten Frauen als Symbol der Gleichberechtigung getragen wurde und wird, wie sie langsam aus der bürgerlichen Bürowelt wieder verschwindet, und wie sie heute interpretiert werden kann.
Für Dajana Matijević, die als Geschäftsführerin im „Cravaticum“ fungiert, sind schon die ersten durchwegs positiven Besucherreaktionen Beweis dafür, auf das richtige Pferd gesetzt zu haben.
Sie verweist auch auf die kleinen „Wussten Sie, dass ...“-Informationen an der Wand: Dass Dalmatien seinerzeit der wichtigste Seidenlieferant in der Monarchie war. Dass die chinesische Großstadt Shengzhou heute der größte Krawattenlieferant ist (mit 200 Millionen Stück Krawatten pro Jahr). Dass die Amerikaner pro Jahr rund eine Milliarde Dollar für Krawatten ausgeben.
Eine andere Geschichte
Auch eine an sich relativ sinnlose schusssichere Krawatte wird publikumswirksam präsentiert. Dass dieses Start-up weder von der Zagreber Stadtverwaltung noch vom Tourismusamt bisher Unterstützung bekam, erzählt eine andere Geschichte.
Faktum ist, dass Kroatiens Hauptstadt – anders als Wien, Prag oder Budapest – nicht gesegnet ist mit leicht zu vermarktenden Sehenswürdigkeiten für Städtetouristen aus dem Ausland. Jeder zusätzliche Spot könnte somit ein Argument sein, um im Sommer einen Abstecher in diese Stadt zu machen.
Doch Igor Mladinović beklagt sich nicht. Der Werbefachmann hat erst gar nicht öffentliche Förderung beantragt. Er setzt mehr auf die Mundpropaganda. Das Krawattenmuseum ist derzeit in allen kroatischen Medien präsent. Und seit heute auch im KURIER.
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