Korruptionsskandal: Erdogan schlägt um sich

Die Polizei setzte am Sonntag Wasserwerfer bei Demonstrationen gegen die Regierungspartei AKP in Istanbul ein.
Premierminister geht nach jüngster Verhaftungswelle gegen Polizeichefs und Ministersöhne in die Offensive.

Der Korruptionsskandal in den Führungszirkeln der Türkei bringt Regierungschef Recep Tayyip Erdogan zunehmend in Bedrängnis. Zusätzlich zu den 50 bereits vor einigen Tagen verhafteten Verantwortlichen der Polizei wurden am Wochenende 25 weitere Polizeichefs verhaftet. Zudem wurden Strafverfahren gegen die Söhne von zwei der wichtigsten Minister Erdogans eröffnet und die beiden in U-Haft genommen.

Unter den neu Festgenommenen befindet sich laut Medienberichten der Polizeichef des Istanbuler Stadtbezirks Fatih, Ertan Ercikti. Am Dienstag war bereits der Bürgermeister dieses Stadtbezirks festgenommen worden. Er wurde am Samstag aber wieder auf freien Fuß gesetzt. Bei den am Samstag in U-Haft genommenen Ministersöhnen handelt es sich um die Söhne von Innenminister Muammer Güler und Wirtschaftsminister Zafer Caglayan.

Damit rückt der Korruptionsskandal immer näher an Erdogan heran. Hintergrund des Skandals ist offenbar ein Streit des Regierungschefs mit dem in den USA lebenden islamistischen Prediger Fetullah Gülen. In der Justiz und im Polizeiapparat gilt die Gülen-Bewegung als besonders einflussreich.

Dutzende Verhaftungen

Die Staatsanwaltschaft brachte den Skandal am Dienstag mit der frühmorgendlichen Festnahme von dutzenden hohen Funktionsträgern und Familienmitgliedern von Erdogans Ministern ins Rollen. Auch gegen den Chef der staatlichen Bank Halkbank, Süleyman Aslan, und einen Bauunternehmer wurden Strafverfahren eingeleitet. Der schwerwiegende Verdacht: Der Ring soll illegale Goldgeschäfte der Halkbank mit dem sanktionsbelegten Iran eingefädelt und organisiert haben. Den Verdächtigen werden unter anderem Bestechung hoher Regierungsmitglieder, Betrug und Geldwäsche vorgeworfen.

Erdogan verurteilte das Vorgehen der Justiz als Schmierenkampagne und reagierte mit der Umbesetzung von Schlüsselposten. "Einige Botschafter sind in Provokationen verwickelt. Wir sind nicht gehalten, Sie in unserem Land zu lassen", sagte er am Samstag in Samsun am Schwarzen Meer an die Adresse nicht näher genannter Diplomaten. Beobachter vermuten, die Drohung richte sich insbesondere gegen US-Botschafter Francis Ricciardone.

Ricciardone hatte laut türkischen Medien gegenüber EU-Vertretern erklärt, Washington dränge die im Zentrum des Skandals stehende Halkbank, ihre Geschäfte mit dem Iran zu stoppen. Ricciardone bezeichnete die Berichte am Samstag als "unbegründete Behauptungen". Niemand dürfe mit haltlosen Unterstellungen die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei schädigen, erklärte er auf Twitter.

"...dem werden wir die Hände brechen"

In dem Schwarzmeerort Giresun in der gleichnamigen Provinz kündigte Erdogan am Sonntag an, mit Härte gegen diejenigen vorzugehen, die versuchten, die Korruptionsvorwürfe zur Untergrabung seiner Macht zu nutzen. "Wer auch immer es wagt, Schaden anzurichten, aufzuwiegeln oder Fallen in diesem Land zu stellen, dem werden wir die Hände brechen", drohte Erdogan vor Anhängern.

In Istanbul ging die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern gegen tausende Demonstranten vor, die am Sonntag gegen die Regierung protestierten. Rund zehntausend Menschen versammelten sich beim Kadikoy-Platz im asiatischen Teil der Bosporus-Metropole. Sie protestierten gegen Korruption und Bauprojekte der Regierung.

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