Trump gegen Kolumbiens Gustavo Petro: Provokateure unter sich
Als Gustavo Petro mit dem Megaphon auf den Straßen in New York das US-Militär zu Ungehorsam gegenüber dem amerikanischen Präsidenten aufrief, folgte die Reaktion Washingtons umgehend. Dem kolumbianischen Präsidenten werde das Visum entzogen, hieß es aus diplomatischen Kreisen in den USA. Die Szene von vor ein paar Wochen bildete den Auftakt zu einer Eskalation zwischen dem einzigen Nato-Partnerland in Südamerika und der Trump-Administration.
Seitdem fliegen die verbalen Giftpfeile hin- und her. Die kolumbianische Handels- und Geschäftswelt ist entsetzt, denn die USA sind der wichtigste Partner des südamerikanischen Landes. Inzwischen drohen die USA mit Zöllen auf kolumbianische Produkte und wollen die Finanzhilfen ganz einstellen. Gut zehn Monate vor dem Ende der Amtszeit Petros wäre das ein harter Schlag für den Kolumbianer.
Streit um US-Angriffe auf vermeintliche Drogenboote
Inzwischen greift Trump Petro auch persönlich an. Er nennt den Kolumbianer einen „Anführer des illegalen Drogenhandels“. Damit dürfte das Tischtuch endgültig zerschnitten sein. Das Konfliktpotential ist groß: Kolumbien kritisiert das US-Vorgehen in der Karibik scharf. Das US-Militär geht dabei mit Waffengewalt gegen mutmaßliche Drogentransportboote aus Venezuela vor. In der Nacht auf Donnerstag schoss die Navy sogar zwei kolumbianische Boote im Pazifik ab - und tötete drei Menschen.
Das Vorgehen ist völkerrechtlich umstritten, denn es ist das allein US-Militär und das Pentagon, was darüber entscheidet, ob es sich bei den abgeschossenen Booten um militärische Ziele handelt oder nicht. Zuletzt kritisierte Petro, es handele sich dabei auch um harmlose Fischerboote. Unabhängig verifizieren lässt sich das alles nicht.
Fakt ist: Unter Petro nahm die Drogen-Anbaufläche in Kolumbien zu
Der Hintergrund der Vorwürfe Trumps gegen Petro kommt für den Kolumbianer allerdings zu einem schlechten Zeitpunkt, denn ihm gehen die Argumente aus. Der von Petro angestoßene Friedensprozess mit den Drogenbanden im eigenen Land droht in einem Desaster zu enden. Die Koka-Anbaufläche ist während seiner Amtszeit geradezu explodiert. Das lässt vermuten, dass die bewaffneten links- und rechtsextremen Banden die ausgehandelten Waffenstillstände dazu nutzen, ihre Macht in den Territorien weiter auszubauen.
Dort, wo der Koka-Anbau am größten, die Vertriebsrouten für das Kokain am strategisch wichtigsten ist, kommt es zu heftigen Kämpfen zwischen Guerillabanden untereinander oder gegen rivalisierende paramilitärische Gruppen. Die Opposition wirft Petro vor, unter dem Deckmantel des Friedensprozesses den Drogenbanden freie Hand zu lassen.
Leidtragende ist wie immer die Zivilbevölkerung. Unter Petro wuchs auch die Zahl der Vertreibungen wieder stark an. Der kolumbianische Präsident dreht nun den Spieß um und wirft den USA vor, für die Gewalt in der Andennation verantwortlich zu sein: „Die Kriege, die Kolumbien seit fünf Jahrzehnten erlebt, zunächst bis 1993 in den Städten, danach auf dem Land, sind auf den Kokainkonsum in den USA zurückzuführen,“ schrieb Petro auf X (vormals Twitter). Auch das ist nicht ganz falsch.
Kolumbianischer Friedensnobelpreisträger warnt
Fassungslos beobachtet ein ehemaliger Präsident und Friedensnobelpreisträger die verbale und politische Eskalation: „Vom Kampf zwischen dem weltweit größten Drogenproduzenten und dem größten Konsumenten profitiert nur das organisierte Verbrechen“, sagte Juan Manuel Santos.
Er erhielt 2016 den Friedensnobelpreis für die Aushandlung des Friedensvertrages zwischen der damals größten Guerilla-Gruppe FARC und dem kolumbianischen Staat. Knapp zehn Jahre später ist aus der Splittergruppe jener FARC-Kämpfer, die den Friedensvertrag stets ablehnten und weiterkämpften, wieder eine veritable Guerillaorganisation geworden.
Dem kolumbianischen Präsidenten bleiben nun noch zehn Monate bis zum Ende seiner Amtszeit, um den für das Land bislang eher desaströsen Friedensprozess doch noch zu einem guten Ende zu führen.
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