Was für ein angesehener Mann war das doch einmal. König Juan Carlos von Spanien. Die Demokratie hat er ins Land geholt, nach einem Putschversuch hat er sie gerettet, sein Volk hat ihn geliebt und verehrt. Von alldem ist nach Korruptionsvorwürfen und anderen Skandalen nichts übrig geblieben. Jetzt ist er auf der Flucht. Und das mit seinen 82 Jahren. Juan Carlos ist nicht der erste König im Exil – es gab deren viele, wenn auch aus den unterschiedlichsten Gründen. Hier eine Auswahl.
Da wäre zunächst einmal Juan Carlos‘ Schwager, der griechische Ex-König Konstantin II. Er bestieg 1964 im Alter von 23 Jahren den Thron und heiratete Anne-Marie von Dänemark. „Meine Macht ist die Liebe des Volkes“, sagte Konstantin am Beginn seiner Regentschaft, doch sie sollte nur drei Jahre dauern.
Innerhalb dieser Zeit stürzte die Nation mangels Erfahrung des jungen Monarchen in eine Verfassungskrise. Nach einem Militärputsch im Jahr 1967 verließ der König das Land. Mehr als 40 Jahre lebte Konstantin – er ist der Bruder von Juan Carlos’ Frau Sophia – mit seiner Familie in Großbritannien, dann kehrte er zurück nach Griechenland, wo er heute 80-jährig lebt.
Napoleon musste gleich zwei Mal ins Exil. Nach der verlorenen Schlacht bei Paris und seiner Abdankung als Kaiser wurde er 1814 auf die Mittelmeerinsel Elba verbannt, doch die Soldaten des fünften Infanterieregiments, die ihn hätten bewachen sollen, liefen zu ihm über und verhalfen dem Korsen nach einjährigem Exil zur Rückkehr nach Frankreich.
Die nun letzte Episode seiner Macht dauerte nur 100 Tage, ehe er nach seiner Niederlage in der Schlacht von Waterloo auf Lebenszeit auf der britischen Insel St. Helena interniert wurde. Hier wies man ihm den Wohnsitz eines Gouverneurs zu, auf dem die Franzosen nach Bonapartes Willen die Illusion eines kaiserlichen Hofstaates aufrecht hielten. Napoleon starb 1821 im Alter von 51 Jahren auf St. Helena an Magenkrebs.
Vom König zum Gärtner
Einen König im Exil habe ich sogar persönlich kennen gelernt. Als 1989 der kommunistische Diktator Nicolae Ceausescu gestürzt wurde, empfing mich der frühere rumänische König Michael I. in Genf zum Interview. Michael, der dem Geschlecht der Hohenzollern angehörte, war zum ersten Mal 1927, mit sechs Jahren, König geworden, nachdem sein Vater König Carol II. zum Thronverzicht gezwungen worden war. Michael trug die Krone mit längeren Unterbrechungen bis 1947, als er von den Kommunisten mit vorgehaltener Pistole zur Abdankung gezwungen und ins Exil geschickt wurde.
Wie mir der Ex-König erzählte, musste er in den ersten Jahren im Exil als Gärtner Landwirt und Pilot arbeiten. „Während mein Vater König Carol sein persönliches Vermögen ins Exil retten konnte“, berichtete Michael, „war dies bei meiner Flucht nicht mehr möglich. Nach dem Tod meines Vaters gab es dann ein böses Erwachen: Er hatte all seine Besitzungen nicht der Familie, sondern seiner Geliebten Madame Lupescu vermacht. Meine Mutter und ich standen vor dem Nichts.“
Bei meinem Interview in Genf erklärte er, wieder König werden zu wollen, was ihm bekanntlich nicht gelungen ist. Er starb 2017 im Alter von 96 Jahren im Schweizer Exil.
Flucht vor dem "Gottesstaat"
Während der Schah von Persien – nicht zuletzt weil der Iran eines der ölreichsten Länder ist – im Westen stets ein willkommener Gast war, protestierten in Teheran Hunderttausende Menschen gegen sein Regime. Was den Schah, der sich selbst zum Kaiser krönte, letztlich zu Fall brachte, waren seine brutale Geheimpolizei Savak und seine verschwenderische Prunksucht, zumal gleichzeitig fast die Hälfte seines Volkes unter der Armutsgrenze lebte.
Als der Widerstand immer größer wurde, flüchtete Reza Pahlavi 1979 mit Ehefrau Farah Diba und Kindern nach Ägypten. Kurz danach rief der schiitische Geistliche Ajatollah Khomeini einen „Gottesstaat“ aus. Damit begann die Herrschaft der Mullahs, die ihre Kritiker und Gegner noch härter verfolgten.
Nachdem der Internist Karl Fellinger in Wien eine seltene Blutkrankheit diagnostiziert hatte, irrte der todkranke Schah von Kontinent zu Kontinent, wurde aber nirgendwo aufgenommen, ehe er schließlich in einem ägyptischen Militärspital landete, in dem er am 27. Juli 1980 im Alter von 60 Jahren starb.
Seine Witwe Farah Diba lebt heute mit 81 Jahren in den USA und in Frankreich, eine Tochter und ein Sohn haben Selbstmord verübt.
Exil-Ort Paris
Aus Liebe zu der zweifach geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson verzichtete Englands König Edward VIII. im Dezember 1936 auf Druck der Regierung auf den Thron und ließ sich als Herzog von Windsor mit seiner Frau in einer Villa im Pariser Exil nieder. Sein Bruder George VI. hatte seine Nachfolge angetreten und Mrs. Simpson die Anrede „Königliche Hoheit“ verwehrt, was zum Zerwürfnis innerhalb der Familie führte.
Auch durfte der Herzog nur mit dem Einverständnis seines Bruders – und später seiner Nichte Queen Elizabeth II. – britischen Boden betreten. Edwards Mutter weigerte sich, ihn und seine Frau zu empfangen. Für viele Briten unverständlich war, dass der Ex-König vom Exil aus Beziehungen zu Hitler und anderen Nazigrößen unterhielt. Er starb 1972 mit 77 Jahren in Paris.
Wilhelm II. verbrachte die Jahre nach dem Zusammenbruch des Deutschen Kaiserreichs in den Niederlanden. Dort heiratete er nach dem Tod seiner ersten Frau ein zweites Mal und machte sich Hoffnungen auf eine triumphale Rückkehr. Zu den Nazis hatte er ein gespaltenes Verhältnis: Einerseits verurteilte er die Pogrome in der „Reichskristallnacht“, andererseits gratulierte er Hitler zum Sieg der deutschen Wehrmacht über Frankreich. Er starb 1941 im Alter von 82 Jahren im holländischen Exil.
Karl I.: Von der Schweiz und Ungarn bis auf Madeira
Österreichs Kaiser Karl I. unterschrieb am 11. November 1918 „den Verzicht auf meinen Anteil an den Staatsgeschäften“, dann musste alles schnell gehen, denn der Schock über das Schicksal des russischen Zaren und seiner Angehörigen, die wenige Monate davor von den Bolschewiken hingerichtet worden waren, saß tief. Daher verließ der Kaiser mit Ehefrau Zita und Kindern noch in der Nacht nach der Abdankung Schönbrunn, um zunächst nach Eckartsau im Marchfeld zu fahren, wo die Familie zu ihrem eigenen Schutz von der Polizei bewacht wurde.
Von Eckartsau reiste Karl am 23. März 1919 mit dem ehemaligen k. u. k. Hofzug in die Schweiz. Er glaubte immer noch an die Möglichkeit einer Rückkehr auf den Thron und unternahm in Ungarn zwei Restaurationsversuche, die kläglich scheiterten. Vom Plattensee, wo er im Auftrag der Ententemächte kurz in Haft war, wurde Karl auf die portugiesische Insel Madeira gebracht, wo er am 1. April 1922 34-jährig den Folgen einer Lungenentzündung erlag.
Wo und wie Ex-König Juan Carlos seinen Lebensabend tatsächlich verbringen wird, steht noch in den Sternen.
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