Klimakonferenz COP27: Entwurf für Ausgleichszahlungen an Entwicklungsländer steht

FILE PHOTO: COP27 climate summit, in Sharm el-Sheikh
Offiziell sollte die Klimakonferenz in wenigen Stunden enden, doch eine Verlängerung gilt als sicher. Es gibt noch einige offene Punkte.

Bei der Weltklimakonferenz COP27 kommt offenbar Bewegung in den Streit über Ausgleichszahlungen an ärmere Länder für klimabedingte Schäden. Die Teilnehmer der rund 200 Staaten legten nach Beratungen am späten Donnerstagabend einen fünfseitigen Entwurf mit drei möglichen konkreten Schritten bei dem Thema - im UNO-Jargon als "Loss and Damage" bezeichnet - vor.

Genannt werden die sofortige Einrichtung eines neuen Fonds, alternativ die Einrichtung eines neuen Fonds bei der nächsten Klimakonferenz Ende 2023 in Dubai sowie eine eher allgemein gehaltene "Finanzierungsvereinbarung".

Abschlusstext beinhaltet Kohle-Ausstieg, aber keinen aus fossilen Brennstoffen

In der Nacht auf Freitag wurde zudem ein zehn Seiten langer Entwurf eines Abschlusstextes veröffentlicht. Experten kritisieren das Dokument als zu wenig weitreichend. Das Ziel, die Erderhitzung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, wird erneut bekräftigt.

Die Staatengemeinschaft wird zu einer tiefgreifenden und raschen Emissionssenkung aufgefordert. Ebenso soll die Umstellung auf saubere Energien noch in den 2020er Jahren deutlich schnell geschehen. Die Welt dürfe keine Rückschritt im Kampf gegen die Klimakrise machen.

Der schrittweise Ausstieg aus Kohlekraft solle laut dem Entwurf stattfinden. Hinweise auf den von Indien vorgeschlagenen Ausstieg von fossilen Brennstoffen fehlen dagegen. Dasselbe gilt für die Notwendigkeit einer UN-Vereinbarung über die biologische Vielfalt, die auf dem sogenannten Weltnaturgipfel (COP15) im Dezember in Montreal.

Positive Reaktionen von Teilnehmern und NGOs

"Wir haben gestern Nacht einen großen Schritt gemacht", sagte die deutsche Verhandlungsführerin, Außenministerin Annalena Baerbock, im ZDF-Morgenmagazin. Allerdings waren sowohl hier als auch zu anderen Punkten Freitagfrüh weiterhin Fragen offen.

Mit dem Entwurf zu "Loss and Damage" scheint eine Einigung beim größten Streitpunkt der diesjährigen Konferenz ansatzweise greifbar. Unter dem Begriff der Schäden und Verluste wird diskutiert, wie die Folgen des Klimawandels in ärmeren Ländern, die laut Wissenschaft kaum oder deutlich weniger zu Schäden beigetragen haben, gemeinsam geschultert werden können. Mehr als 130 der rund 200 Teilnehmer fordern die feste Einrichtung eines Finanztopfs.

EU-Klimakommissar Frans Timmermans machte im Plenum seinerseits ein Angebot für einen Fonds, finanziert von einer "breiten Geber-Basis". Der Fonds solle Teil eines "Mosaiks von Lösungen" sein, zu dem auch ein Blick auf Schulden und eine Reform von Entwicklungsbanken zähle. Ebenso wichtig seien Fortschritte bei der Verringerung klimaschädlicher Emissionen, sagte Timmermans. Diese Maßnahmen und das Thema Schäden und Verluste seien "zwei Seiten derselben Medaille".

Greenpeace Österreich sprach in einer ersten Reaktion von einem klaren Schritt nach vorne. "Jetzt liegt es an den Staaten, sich nicht in der Diskussion rund um Kleingedrucktes zu verlieren und sich für einen starken Finanzierungstopf einzusetzen, der noch auf dieser Klimakonferenz beschlossen wird", sagte Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace.

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) zeigte sich Donnerstag noch überzeugt davon, dass reichere Industrieländer Gelder geben müssen. Die Einrichtung eines eigenen Fonds - unter anderem wegen zu viel Bürokratie und zu langsamer Auszahlung - sah sie aber kritisch.

Definition von "Schäden" und "Verlusten" fehlt

Eine genaue Definition für Schäden und Verluste gibt es nicht. Meist werden darunter aber Schäden von Extremwetterereignissen - etwa Dürren oder Überflutungen - sowie von langsamen Veränderungen im Zuge der Erderwärmung verstanden, etwa steigende Meeresspiegel oder Wüstenbildung. Es geht um Folgen jenseits dessen, woran Menschen sich anpassen können, oder um Situationen, in denen die Mittel für eine Anpassung fehlen.

UN-Generalsekretär António Guterres flog nach dem G20-Gipfel auf Bali extra erneut nach Ägypten ein, um Druck zu machen. "Die Klima-Uhr tickt und das Vertrauen schwindet weiter", warnte er. Die Teilnehmer der Klimakonferenz könnten etwas ändern, hier und jetzt. "Ich rufe sie zum Handeln auf - und zwar schnell", mahnte er rund 24 Stunden bevor das Treffen im ägyptischen Sharm el-Sheikh am Freitagabend nach offiziellem Zeitplan enden sollte. Eine Verlängerung galt jedoch fast als sicher.

Nach Worten des ägyptischen COP-Präsidenten Sameh Shoukry ist auch beim Thema Eindämmung des Klimawandels noch kein Ergebnis erreicht worden. Erwartet wird, dass die Staatengemeinschaft erneut das Ziel bekräftigt, die Erderwärmung bei 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit stoppen zu wollen.

Wie das konkret erreicht werden soll, ist schon deutlich strittiger: In ersten veröffentlichten Eckpunkten wurde zwar ein schrittweiser Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle eingefordert - aber nicht der Abschied von Öl und Gas.

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