Reimon:"Die FPÖ ist an Fakten nicht interessiert"

Michel Reimon
Ein „Großer Tag für den Planeten“ hieß es von der Mehrheit im EU-Parlament, nur 38 EU-Abgeordnete stimmten gegen das Klima-Abkommen – darunter Mandatare der FPÖ. Ein Gespräch mit dem grünen Europaabgeordneten Michel Reimon.

Der historische Weltklimavertrag von Paris kann nächsten Monat in Kraft treten. 610 EU-Abgeordnete haben zugestimmt. Die österreichischen FPÖ-Madatare hingegen sprechen sich dagegen aus. Ihr Delegationsleiter Harald Vilimsky habe ihnen dies empfohlen, erklärte er selbst im ZIB2-Interview. Der grüne Europaabgeordnete Michel Reimon kritisiert die Ignoranz der wissenschaftlichen Fakten und sieht auch im Falle des Freihandelsabkommens CETA keinen Erfolg.

Was bedeutet es für Österreich, wenn die FPÖ-Parteifreunde des möglichen Bundespräsidenten Norbert Hofer „nein“ zum Weltklima-Abkommen sagen?

Das ist natürlich eine desaströse Sache. Die FPÖ hat in der Energiepolitik ja immer wieder seltsame Anwandlungen. Der FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky glaubt nicht daran, dass es den Klimawandel gibt. Nach dem Motto: ‚Ich glaube nicht an CO²‘. Von dem Bundespräsidenten-Kandidaten Norbert Hofer weiß man, dass er energiepolitisch genauso tickt wie Harald Vilimsky.

Wir haben einen wissenschaftlichen Konsens darüber, dass der menschengemachte Klimawandel Schuld ist, am Rückgang der Schneedecke beispielsweise. Wir sehen das ebenso an realen Problemen, die wir im österreichischen Tourismus bereits haben. Daran gibt es keine Zweifel, dass dem so ist. Aber die FPÖ ist an Fakten nicht interessiert. Diese Partei lebt in der postfaktischen Politik. Und das hat reale Auswirkungen. Und nun stellen wir uns kurz eine FPÖ-Regierung mit einem FPÖ-Bundeskanzler vor und was das für unsere Umwelt- und Klimapolitik hieße.

Harald Vilimsky hat in der ZIB2 gesagt, er habe seine Delegation dazu angehalten, mit Minus zu wählen.

Barbara Kappel hat gar nicht abgestimmt. Auf dem Foto, das ich gestern gepostet habe, sieht man bei den Männern das rote Lämpchen und ihres ist verdeckt, deshalb fällt es nicht auf. Aber die Wahrheit ist: Barbara Kappel ist dort gesessen und hat nicht gedrückt.

Zu Armin Wolf sagte Vilimsky, das wohl bei der Technik etwas nicht funktioniert habe.

Ja, das gibt es immer wieder. Aber Tatsache ist, sie hat nicht gedrückt. Es kursieren im Internet auch schon Auszüge von E-mails an sie, mit der Frage, warum sie gegen das Klimaabkommen gestimmt hat.

Kappel schreibt als Antwort, dass sie nicht mit "nein" abgestimmt hat. Ich selbst habe übrigens auch mit ihr gesprochen. Sie sagt, sie hat gar nicht abgestimmt. Vilimsky hat in der ZIB2 also in die Kamera gelogen. Er kennt doch die Wahrheit.

Vilimsky meint, die Staaten, die auf Kernenergie setzen, würden belohnt, Österreich hingegen bestraft. Deshalb müsste man ein Signal setzen und gegen dieses Klimaabkommen stimmen. Er wolle Atomkraft nicht unterstützen.

Das ist völliger Nonsens. Es wurden ja nicht sämtliche Umweltschutzorganisationen weltweit plötzlich zu Atomkraftbefürwortern. Zudem habe ich noch nie eine Aktivität der FPÖ gegen ein tschechisches oder ungarisches AKW vernommen. Mein Eindruck ist ganz ehrlich: Der wissenschaftliche Kontext interessiert ihn nicht. Er glaubt nicht, dass es Erderwärmung gibt. So erzählt er es.

Und das muss man so glauben oder steckt da etwas anderes dahinter?

Ich glaube wirklich, er denkt, es handelt sich um massive Verschwörungstheorien. Der Klimawandel sei etwas von Wissenschaftlern Initiiertes und das will er einfach nicht glauben. Das ist offenbar sein Zugang.

Ein weiteres Thema, das gerade bewegt, ist CETA. In kaum einem anderen EU-Land bewegt das Freihandelsabkommen so wie bei uns. Was ist los mit den Österreichern?

In Österreich hat es mit Abstand die intensivste Aufklärungsarbeit dazu gegeben, das ist sicher ein Grund. Ich war da selbst sehr stark involviert. Seit drei Jahren stecke ich in dieses Thema sehr viel Arbeit. Wir haben die Diskussion von Österreich aus auch nach Deutschland und andere Länder getragen.

Auch Bundeskanzler Christian Kern zeigte sich kritisch.

Es gibt nun keine Kritik mehr von seiner Seite. Er hat sich heute in Straßburg anders gezeigt. Es wird kein Beistrich des Vertrages mehr geändert. Es ändert sich lediglich der Zeitpunkt des Inkrafttretens und das ist kein Erfolg. Wir sprechen da von rund zwei Jahren, die es dauern wird, bis es durch ist. Das ist alles, inhaltlich bleibt das Abkommen unverändert.

Ihre Meinung dazu?

Nachdem der Vertrag unverändert ist, völlige Ablehnung. Ich habe heute eine halbe Stunde mit Bundeskanzler Kern verbracht. Er wird zustimmen, weil er zustimmen will. Aus meiner Sicht war seine vorherige Kritik innenpolitisches Geplänkel, aber nie so stark vorhanden, dass er da wirklich dagegen gekämpft hätte. Die Befragung, die er gemacht hat, bereut er wahrscheinlich. Da hatte sich ja eine große Mehrheit gegen CETA ausgesprochen, wenn die Schiedsgerichte im Vertrag bleiben. Das tun sie aber. Ich denke, er wollte sich da taktisch von der ÖVP abgrenzen.

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