"Killer Cops": Proteste nach 60 Schüssen auf unbewaffneten Schwarzen

"Killer Cops": Proteste nach 60 Schüssen auf unbewaffneten Schwarzen
In Ohio wurde ein 25-jähriger nach Verfolgungsjagd von dutzenden Kugeln durchsiebt. An der Darstellung der Polizei gibt es Zweifel - und die Proteste mehren sich wieder.

Dutzende Schüsse und Schusswunden: Der Tod eines Schwarzen bei einem Polizeieinsatz im US-Bundesstaat Ohio hat in den Vereinigten Staaten neue Bestürzung ausgelöst. Die Polizei in Akron im Bundesstaat Ohio veröffentlichte am Sonntag mehrere Videos des Einsatzes am 27. Juni. Auf den Körperkamera-Aufnahmen ist zu sehen, wie der 25 Jahre alte Jayland Walker nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei mit Dutzenden Schüssen getötet wird. Zu diesem Zeitpunkt war er nicht bewaffnet. In den USA kommt es regelmäßig zu tödlichen Polizeieinsätzen ähnlicher Art.

Nach Angaben der Polizei wollten die Beamten den 25-jährigen Walker wegen eines Verkehrsdelikts anhalten. Dieser sei aber mit seinem Wagen geflüchtet. Der Polizei zufolge soll er währenddessen auch einen Schuss abgefeuert haben. Als er schließlich die Flucht zu Fuß fortsetzte, trug er eine Skimaske, wie es weiter hieß. Die Polizei habe zunächst versucht, ihn mit Tasern zu stoppen und dann geschossen. Nach Polizeiangaben weist die Leiche des 25-Jährigen 60 Schusswunden auf. Es war offen, wie oft genau er getroffen wurde, da es sich sowohl um Einschüsse als auch um Austrittswunden von Kugeln handeln könne.

"Schwer zu ertragen"

Nach dem Vorfall war es in Akron zu Protesten gekommen. Bürgermeister Dan Horrigan rief die Menschen in der Stadt auf, friedlich zu bleiben. Er nannte die Videoaufnahmen der Körperkamera der Polizei „herzzerreißend“. „Es ist sehr schwer zu ertragen“, sagte er bei einer Pressekonferenz. Auch die Mutter des Getöteten, Pamela Walker, hatte sich im örtlichen Fernsehen geäußert. „Ich kann nur sagen, dass ich noch nie in meinem Leben so traurig war“, sagte sie. „Warum geschah dies - auf eine so schreckliche Weise?“

Die Polizei hatte zunächst in einer Pressemitteilung vergangene Woche erklärt, dass das Verhalten des Verdächtigen die Beamten zu der Überzeugung gebracht habe, dass er eine tödliche Bedrohung für sie darstelle.

Nicht bewaffnet

Polizeichef Stephen Mylett erklärte am Sonntag, dass er sich die Videoaufnahmen des Vorfalls etliche Male angeschaut habe und es schwer zu erkennen sei, was sich abgespielt habe. „Es scheint, dass Herr Walker sich dem Beamten zuwandte, und es gibt ein Standbild, auf dem eine Vorwärtsbewegung seines Arms zu sehen ist“, sagte er. Daraufhin habe die Polizei geschossen. Zu diesem Zeitpunkt sei der 25-jährige Walker nicht bewaffnet gewesen. Man habe aber später eine Waffe in seinem Wagen gefunden.

„Die genaue Anzahl der abgefeuerten Schüsse ist uns nicht bekannt“, sagte Mylett. In Medien war von etwa 90 Schuss die Rede. Der Polizeichef betonte, dass dies durchaus realistisch sei. Acht Polizisten seien dabei „direkt involviert“ gewesen. Sie seien beurlaubt worden, solange der Vorfall untersucht wird. „Aus einer routinemäßigen Verkehrskontrolle, die wahrscheinlich mit einer Verwarnung oder einem Strafzettel enden würde, wurde eine Verfolgungsjagd“, sagte Mylett.

„Sein Körper ist von Kugeln durchlöchert, sein Gesicht ist von Kugeln durchlöchert (...) es ist ein unglaublicher Anblick“, hatte der Anwalt der Familie, Bobby DiCello, der Zeitung Beacon Journal gesagt. In seinem 22 Jahren als Anwalt habe er so etwas noch nicht erlebt. Er stellte auch in Frage, dass Walker wirklich während seiner Flucht aus dem Auto geschossen habe. Die Polizei argumentiert, dass ein Schussgeräusch zu hören gewesen sei und gleichzeitig ein „Lichtblitz an der Fahrerseite des verdächtigen Fahrzeugs zu sehen ist“.

"Killer Cops": Proteste nach 60 Schüssen auf unbewaffneten Schwarzen

Erinnerungen an George Floyd

Stellvertretend für Gewalt gegen Schwarze bei brutalen Polizeieinsätzen steht der Fall von George Floyd: Im Mai 2020 war der unbewaffnete Afroamerikaner bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis ums Leben gekommen. Videos von Passanten dokumentierten, wie ihn Polizisten zu Boden drückten. Der weiße Beamte Derek Chauvin presste sein Knie gut neun Minuten lang auf Floyds Hals, während dieser immer wieder flehte, ihn atmen zu lassen. Der Fall führte damals zu landesweiten Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus. Seitdem gibt es immer wieder Bestürzung über ähnliche Fälle.

Indessen haben erneut Demonstranten ihrer Empörung über den Tod eines Afroamerikaners bei einem Polizeieinsatz Luft gemacht. Mehrere hundert Protestierende zogen am Sonntag durch die Stadt Akron, die Menge marschierte zum Rathaus und forderte „Gerechtigkeit für Jayland“. Es war der vierte Tag in Folge, an dem in Akron gegen tödliche Polizeigewalt demonstriert wurde. Wie an den Vortagen verlief der Protest tagsüber friedlich. Gegen Abend nahmen die Spannungen jedoch zu. Einige Demonstranten zündeten in der Nacht Müllcontainer an und zerschlugen die Scheiben von Schneepflügen und anderen schweren Fahrzeugen, die die Behörden in Erwartung von Unruhen als Absperrung in die Nähe des Polizeireviers gebracht hatten. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Menge zurückzudrängen.

Polizisten suspendiert

Nach Angaben von Bürgermeister Dan Horrigan wurde eine unabhängige Untersuchung des Polizeieinsatzes eingeleitet. Er zeigte sich „gebrochenen Herzens“ über den Vorfall. Laut Mylett wurden die acht an dem Einsatz beteiligten Beamten für die Dauer der Untersuchung vom Dienst suspendiert.

Die US-Bürgerrechtsorganisation NAACP verurteilte den Vorfall als „unverhohlenen Mord“. Walker sei wegen eines möglichen Verkehrsverstoßes getötet worden, erklärte NAACP-Präsident Derrick Johnson. „So etwas passiert Weißen in Amerika nicht.“ Der aus der 190.000-Einwohner-Stadt Akron stammende Basketball-Star LeBron James erklärte auf Twitter am Sonntag, er bete für seine Heimatstadt.

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