Kickl führt Gespräche über "Rückkehrzentren" am Westbalkan

Weniger Information für "kritische Medien"
Beim EU-Innenministertreffen in Wien zeigte sich Kickl hart in Bezug auf legale Migrationswege und Grenzkontrollen.

Eine Woche vor dem Migrationsgipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Salzburg – einem Höhepunkt des österreichischen EU-Ratsvorsitzes – versucht sich Innenminister Kickl (FPÖ) als Wortführer zu etablieren. Seine Bühne: Eine zweitägige Konferenz, die am Donnerstag  in Wien begann.

Die hochkarätige Gästeliste umfasst EU-Innenminister, den Chef der Grenzschutzagentur Frontex, Vertreter der Polizeibehörden Euro- und Interpol sowie Politiker aus Westbalkan-Staaten und Nordafrika. Italiens Innenminister Salvini und  EU-Migrationskommissar Avramopoulos werden erst am Freitag in Wien erwartet, wenn neuerlich die von den betreffenden  Ländern  bereits abgelehnten „Anlandeplattformen“ für gerettete Bootsflüchtlinge in Nordafrika diskutiert werden.

Kickl (FPÖ) ließ am Donnerstag wissen, dass es Verhandlungen mit Westbalkanländern gebe. Der albanische Innenminister Fatmir Xhafaj zeigte sich jedoch zurückhaltend. Bei dem Treffen wurde eine Ausweitung der polizeilichen Kooperation auf den Westbalkan vereinbart.

Über Wege legaler Migration, die EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker parallel zu einem besseren EU-Außengrenzenschutz gefordert hatte, will Kickl derzeit nicht reden. Zunächst sei es wichtig, die illegale Migration effektiv zu bekämpfen, die EU-Außengrenzen zu schützen, die Rückführungen zu verbessern und gegen Schlepper vorzugehen. "Das sind die Schritte eins, zwei, drei und vier. Und wenn wir das geschafft haben, können wir gerne auch über den Schritt fünf und sechs nachdenken", sagte Kickl.

Kickl: Grenzkontrollen beibehalten

Solange es den funktionierenden Außengrenzschutz, "nur am Papier" und nicht auch "faktisch" gebe, will Kickl auch die Grenzkontrollen beibehalten. EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos hatte am Donnerstag in einem Zeitungsinterview jene Mitgliedsstaaten, die derzeit trotz Schengen Grenzkontrollen durchführen, aufgefordert, diese so schnell wie möglich wieder aufzuheben und zur "normalen Funktionsweise von Schengen" zurückzukehren, da nun die Verbesserung des Grenzschutzes auf den Weg gebracht worden sei. Die Union plant unter anderem, die EU-Grenzschutzagentur Frontex bis 2020 massiv auszubauen.

Kickl führt Gespräche über "Rückkehrzentren" am Westbalkan

Kickl ließ Polizeikräfte mit Sturmgewehren bei der Konferenz aufmarschieren

Nicht vom Tisch ist offenbar auch die Idee von EU-Asylzentren in Drittstaaten. Verhandelt werde mit Westbalkan-Ländern - konkreter wollte Kickl aber nicht werden. Die Gespräche über sogenannte " Rückkehrzentren" würden "mit Diskretion" geführt. "Wir wollen keine Debatte in der Öffentlichkeit, bevor die Eier gelegt sind", so der Innenminister bei dem Ministertreffen im Austria Center Vienna (ACV).

Die Idee der Errichtung von "Rückkehrzentren" stößt bisher in den Ländern des Westbalkans auf wenig Begeisterung. Die Regierungen von Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und auch Albanien haben den von Österreich und Dänemark ins Spiel gebrachten Vorschlag abgelehnt. Man begrüße aber "jeden möglichen Beitrag der EU" für Albanien zur Unterstützung in der Migrationspolitik, sagte der albanische Innenminister diplomatisch, ohne auf die Frage einzugehen, ob sein Land bereit wäre, auf seinem Staatsgebiet ein solches Zentrum errichten zu wollen. Albanien bräuchte generell "bessere" und "pro-aktivere" Unterstützung der EU, sei aber auch im Gegenzug bereit, "schwierige Probleme gemeinsam anzugehen", sagt er nur.
 

Am Nachmittag steht eine weitere Diskussionsrunde mit den Westbalkan-Staaten zum Thema Migration und Asyl auf dem Programm. Diese Länder hätte vor allem während der Flüchtlingskrise ihre Verlässlichkeit als Partner "eindrucksvoll" bewiesen, erklärte Kickl. Der Freitag steht dann im Zeichen der Zusammenarbeit in punkto Migration mit Nordafrika. Ein Großteil der Innenminister ließ sich am Donnerstag auf Beamtenebene vertreten, am Freitag wird neben anderen auch Italiens Innenminister Matteo Salvini sowie EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos erwartet.

EU-Innenminister in Wien: Mehr Polizei-Kooperation mit Westbalkan

Salvini kommt am Freitag

Am ersten Tag der Innenministerkonferenz ließen sich die meisten Minister durch Beamte vertreten. Hochkarätiger besetzt ist die Tagung am Freitag, wenn der italienische Innenminister Matteo Salvini, EU-Innenkommissar Avramopoulos sowie EU-Sicherheitskommissar Julian King erwartet werden. Bei dieser Gelegenheit will Salvini auch mit dem deutschen Vertreter über ein bilaterales Rücknahme von Flüchtlingen sprechen. Der deutsche Innenminister Horst Seehofer, der am Donnerstag verkündet hatte, das Abkommen mit Italien sei abgeschlossen, kommt selbst nicht nach Wien. Er werde durch Staatssekretär Stephan Mayer vertreten, hieß es auf APA-Anfrage aus dem Innenministerium in Berlin.

Kickl führt Gespräche über "Rückkehrzentren" am Westbalkan

Kickl mit seinem Generalsekretär Peter Goldgruber

Am zweiten Tag beraten die EU-Staaten gemeinsam mit einigen nordafrikanischen Ländern - Ägypten, Algerien, Libyen, Mali, Marokko, Niger, Tschad und Tunesien - über bessere Kooperation im Bereich Migration und Grenzschutz. Die EU will in Nordafrika "Anlande- bzw. Ausschiffungsplattformen" errichten, darauf haben sich die EU-Staats- und Regierungschefs Ende Juni geeinigt.

Avramopoulos hat sich zu deren Umsetzung in einem Presse-Interview am Donnerstag aber äußerst skeptisch gezeigt, da sich bisher kein geografisch infrage kommendes Land dazu bereit erklärt hat, ein solches Zentrum auf seinem Staatsgebiet errichten zu wollen.

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