Anstatt wie versprochen, umgehend als Groß-Korrektiv der Regierung von Joe Biden aufzutreten und in Untersuchungs-Ausschüssen unbarmherzig Fehler von der illegalen Einwanderung bis zur Schuldenaufnahme aufzudecken, ergeht sich die Partei "in Selbstbeschäftigung und Selbstzerstörung”, wie US-Kommentatoren schreiben.
Auf Zerstörung erpichte Extremisten als Gegner
McCarthy hat es, anders als frühere Konservative auf dieser Top-Position wie Paul Ryan und John Boehner, aber nicht mit gewöhnlichen Radikalen auf dem rechten Flügel zu tun (Stichwort: Tea Party). Sondern, wie US-Kolumnisten übereinstimmend konstatieren, mit rein auf Zerstörung erpichten Extremisten, die eingedenk der knappen Mehrheitsverhältnisse "die republikanische Fraktion in Geiselhaft nehmen und die Regierungsgeschäfte sabotieren wollen".
Selbst für den zurzeit nicht erkennbaren Fall, dass McCarthy sich nach einem möglicherweise tagelangen Wahlmarathon doch noch mit den nötigen 218 Stimmen an die Spitze durchschlagen sollte, wäre er, was die praktische Politik anbelangt, den "Rebellen" ausgeliefert. Ohne sie bekäme er trotz der Unterstützung von 200 anderen Parteikollegen keine Gesetzgebung durch. Seine Tage als "Speaker" wären von Anfang an gezählt.
Dafür hat Kevin McCarthy im Prinzip selbst gesorgt, als er den Aufmüpfigen vor wenigen Tagen zugestanden hat, dass künftig bereits fünf Abgeordnete ausreichen, um über die Abwahl des "Speaker" abstimmen zu lassen.
Russisches Roulette
Dass dieses politisch-suizidale Entgegenkommen den Aufständischen um egozentrische Parlamentarier wie Matt Gaetz (Florida) und Lauren Boebert (Colorado) nicht ausreicht, findet selbst die Donald Trump-hörige Rechtsaußen-Vertreterin Marjorie Taylor Greene aus Georgia bestürzend. Sie wirft den 20 Abweichlern vor, "russisches Roulette mit unserer hart verdienten Mehrheit zu spielen".
Wie der Knoten gelöst werden soll, ist an diesem Mittwochmorgen noch völlig unklar. McCarthy sagte am Abend im US-Fernsehen, er werde seine Ambitionen keinesfalls begraben und sich weiter zur Wahl stellen. Kollegen wie Steve Scalise oder Jim Jordan, die bei den Rebellen einen besseren Ruf als McCarthy genießen, haben ihren Hut aber bisher nicht in den Ring geworden. Täten sie es, so Analysten im Sender MSNBC, hätten sie vor der Gesamtfraktion kaum eine Chance.
Trump schweigt zu Schützling McCarthy
Für das konservative Wall Street Journal ist der Fall klar: Die Republikaner haben bei der Wahl im vergangenen November "zwei Jahre in der Mehrheit zugestanden bekommen", um zu zeigen, "dass sie besser regieren können als die Demokraten und Joe Biden". Ihr Start in den 118. Kongress werde allerdings viele Wähler davon "überzeugen", sie schon bald wieder in die Minderheitenrolle zurückzuschicken.
Einer hat das vielleicht schon gewittert. Ex-Präsident Donald Trump, bisher ein Befürworter von McCarthy, hat bisher zur Abstrafung seines Schützlings nur geschwiegen.
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