Wie eine Frau Großbritanniens Konservative von rechts wieder in Führung bringen will
Und wieder einmal darf bei den britischen Konservativen eine Frau aufräumen.
So wie Margaret Thatcher nach der doppelten Niederlage von Edward Heath 1975, Theresa May nach David Camerons Brexit-Debakel 2016 oder Liz Truss nach Boris Johnsons Rücktritt 2022, wird mit Kemi Badenoch eine Chefin von Rishi Sunak übernehmen. Unter dem vormaligen Premier hat die konservative Partei bei den Parlamentswahlen im Juli das schlechteste Ergebnis der Geschichte eingesteckt.
Das Gesicht von Kemi Badenoch, vormalige Wirtschafts- und Frauenministerin, verriet noch nichts, als sie Samstagvormittag um 11 Uhr gemeinsam mit ihrem Kontrahenten Robert Jenrick, dem früheren Immigrationsminister, den Konferenzraum der Konservativen in Zentrallondon betrat.
Den beiden Kandidaten war Minuten zuvor das Ergebnis verkündet worden und Redner Bob Blackmann, der Vorsitzende des einflussreichen 1922-Komitees, ließ es dann auch gleich den Saal wissen: 53.806 Stimmen hatten für Kemi Badenoch, 41.388 für Robert Jenrick gestimmt.
Glasdecke zertrümmert
„Ist es nicht großartig“, meinte Bob Blackman, als er die neue Parteichefin auf die Bühne bat, „dass wir eine weitere weibliche Führungskraft haben?" Den Seitenhieb auf die Labour-Partei konnte er sich nicht verkneifen; die aktuelle Regierungspartei hat bis dato noch keine Parteichefin gestellt.
Bob Blackman ergänzte: „Eine weitere Glasdecke zertrümmert.“ Denn die 44-Jährige mit nigeriarischen Wurzeln, die sich in den vergangenen vier Monaten gegen fünf Kandidaten durchsetzen konnte, wird die Konservativen als erste schwarze Frau anführen.
Ein Punkt, den sie selbst wohl nicht oft betonen wird. Kemi Badenoch ist kein Fan von Identitätspolitik, spaltet mit ihren Meinungen – ähnlich wie ihr politisches Vorbild Margaret Thatcher – und hat sich damit vor allem in ihrer Zeit als Frauenministerin zum Liebkind des modernen rechten Flügel der Torys etabliert. Sie hat damals verpflichtende Single-Sex-Toiletten in Restaurants oder Einkaufszentren eingeführt und sich klar gegen Selbstidentifikation des Geschlechts ausgesprochen.
Meinungen gespalten
Auch den aktuellen Führungswettkampf haben ihre kontroversiellen Aussagen immer wieder überschatten. In einem Interview mit Times Radio hatte sie im September erklärt, das staatliche Karenzgeld „ginge zu weit“. (Zur Einordnung: In England bekommen junge Mütter sechs Wochen lang 90 Prozent ihres Gehalts und anschließend 33 Wochen lang umgerechnet je 219,09 Euro.) Doch dass Steuergeld von arbeitenden Menschen genommen werde, um eine andere Gruppe zu finanzieren, meinte Badenoch, sei „exzessiv”. Sie ruderte später zurück, meinte, sie wurde missverstanden.
Ein paar Wochen später, erklärte sie am Rande der Tory Konferenz, dass zehn Prozent der Beamten so schlecht seien, dass sie ins Gefängnis gehören. Diese Aussage ließ sie - trotz Kritik von den Beamten - so stehen.
Ihre nächste Aufgabe, sagte die neue Tory-Chefin bei ihrer Antrittrede am Samstag dann noch, sei hart und gleichzeitig einfach: Man müsste die aktuelle Labour-Regierung zur Rechenschaft ziehen.
Macht gewinnen
Dafür wird sie nun ihre richtigen Mitstreiter suchen - ein schwieriges Unterfangen in einer aktuell ungewöhnlich gespaltenen konservativen Partei.
Man habe, räumt Kemi Badenoch ein, Standard schleifen lassen, Fehler gemacht. Die Torys hätten zuletzt „rechts gepredigt, aber links regiert“ und müssten aufhören, „sich wie Labour zu verhalten“, um die Macht zurückzugewinnen. All das will sie ändern, zur den alten konservativen Werten zurückfinden. Und das führe zum nächsten Punkt: Die Partei müsse sich wieder aufs Regieren vorbereiten. Eine wahre Mammutaufgabe.
Nach der letzten großen Tory-Niederlage 1997 dauerte es 13 Jahre und vier Regierungsschefs bis die Konservativen wieder das Amt des Premiers stellen konnten.
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