Das Leben in Salzburg
Schwarzenberg lebte mit seiner Familie anfangs bescheiden in Strobl in Salzburg, später in Wien, wo er auch maturierte. 1960 wurde der junge "Kary" von seinem Onkel adoptiert und damit nach dessen Tod Erbe des außerhalb Böhmens gelegenen Familienbesitzes. Bald darauf war er auch Oberhaupt über rund 200 Familienmitglieder. Die persönliche Erfahrung von Willkür und Vertreibung machte Schwarzenberg zu einem politischen Menschen, der sich für Freiheit und Menschenrechte engagierte: "Nachdem ich als Kind erlebt habe, wie sich die Politik mit uns beschäftigt hat, habe ich mich mit der Politik beschäftigt", fasste er seine Motivation prägnant zusammen.
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Schwarzenberg unterstützte frühzeitig den Widerstand gegen das kommunistische Regime. In seinem Dokumentationszentrum sammelte er tschechoslowakische Untergrund-Literatur, die aus dem Osten herausgeschmuggelt worden war und die ihm auch half, die Sprache nicht zu verlernen. Die tschechischen Dissidenten fanden in ihm einen weltgewandten Netzwerker, der ihnen im Westen eine Stimme verlieh und Gehör verschaffte, der sie sogar einkleidete und auf die Öffentlichkeit vorbereitete.
Samtene Revolution
Nach der Samtenen Revolution schlug auch die große Stunde des Karel Schwarzenberg: "Der Tag, an dem Václav Havel als Präsident auf der Prager Burg einzog, war der schönste meines Lebens", sagte er mehrfach, was unter seinen Kindern auch für Irritation sorgte.
Schwarzenberg wurde Havels Büroleiter und Kanzler. Die Autorin dieser Zeilen durfte mit ihm eines der ersten Interviews nach seiner Einsetzung führen. Er arbeitete in der Prager Burg und logierte dort in einem Dachbodenkammerl, wo er sich abends Spaghetti kochte. Auf die Frage nach seinem Gehalt zog Schwarzenberg einen schmalen Lohnzettel aus der Schublade: umgerechnet 22 Euro, um Geld ging es ihm nicht.
Der Kosmopolit war an mehreren Orten zu Hause, war überzeugter Tscheche, Mitteleuropäer und Befürworter der Europäische Union. Er glaubte an die Regeln der westlichen Demokratie und wollte sie in seinem Heimatland nachhaltig verankern. Russland blieb in seinen Augen stets eine Bedrohung. Im Lauf seiner politischen Karriere war er Mitglied des Senats und des Abgeordnetenhauses in Prag, zweimal Außenminister. 2013 scheiterte er im Präsidentschaftswahlkampf knapp gegen Milos Zeman. Einer der Gründe war seine undiplomatische Offenheit: Schwarzenberg hatte erklärt, Edvard Beneš, der nach 1945 die Deutschen brutal vertreiben ließ, wäre heute ein Fall für das Haager Tribunal.
Beliebt
Schwarzenberg war trotzdem lange Zeit einer der populärsten Politiker des Landes: Der Wahlkampfbutton, der den Fürsten mit pinker Irokesenfrisur zeigt, ist ebenso legendär wie sein Auftritt auf einem alten Sowjetpanzer, den ein Künstler rosa angemalt hatte. Seinen Slogan "Auf ein Bier mit Karel" meinte er durchaus ernst. Der Mann, der seinen Beruf mit "Gast- und Forstwirt" angab, lud seine Anhänger gerne ins Wirtshaus ein, wo er bei einem Krügerl und deftigem Essen mit ihnen diskutierte. Die regelmäßigen Diätkuren in Kärnten machten ihm weniger Freude.
Während eines Interviews für den KURIER fragte die Kellnerin des Cafés Louvre in Prag, ob er seinen Kaffee mit Milch wolle. Schwarzenberg antwortete "Sehe ich wie ein Kälbchen aus?" und hatte die Lacher im ganzen Lokal auf seiner Seite.
Gegenüber seiner Familie zeigte sich Schwarzenberg selten von dieser leutseligen Seite. Oft waren sie getrennt: Er lebte und arbeitete in Prag, seine Familie in Österreich. Immer wieder gab es über den streng katholischen Mann Gerüchte über Affären. Auf die Frage, warum er 2008 seine Frau Therese nach 20-jähriger Trennung noch einmal geheiratet habe, sagte er: "Manche Dinge lösen sich im Alter von selbst." Seine Tochter Lila meinte in einer berührenden Filmdokumentation über ihren Vater, er habe das Konzept der Familie geliebt, in der Realität habe er diese Liebe aber kaum zeigen können.
Der Besitz der Familie Schwarzenberg besteht aus zahllosen Schlössern wie dem Palais Schwarzenberg in Wien, aus Grund- und Forstbesitz in Österreich, Deutschland und Tschechien. Die Verwaltung dieser Besitztümer interessierte Karel Schwarzenberg aber weitaus weniger als sein Kampf für Freiheit, Demokratie und die Verankerung Tschechiens in der EU. Damit hat er bleibende Spuren hinterlassen.
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