Juncker Abschied: "Hab schon viel geweint, das reicht"

Juncker Abschied: "Hab schon viel geweint, das reicht"
Letzter, emotionaler Abschied des scheidenden Kommissionspräsidenten in Brüssel.

Die Phantomschmerzen haben schon eingesetzt. Bereits bei seinem letzten Auftritt vor Journalisten ist am Freitag Mittag allseits das Bedauern zu hören, dass man ihn doch sehr vermissen werde: Jean-Claude Juncker, ausgerechnet jener Präsident der EU-Kommission, an dem sich so viele Medienvertreter während der vergangenen fünf Jahre so gerieben haben.

Schlagfertig, blitzgescheit, witzig, aber auch grantig, wenn ihm etwas nicht passt – der 64-jährige Luxemburger ließ beim finalen Abschied vor der Presse noch einmal seine Ecken und Kanten spüren. Und seine berühmten Emotionen.

Sein Abgang nach fünf Jahren als Präsident der EU-Kommission, „dem schwierigsten Job der Welt“? „Ich habe schon viel geweint, das reicht jetzt“, nimmt er sich, halb vor sich hin murmelnd, selbst auf die Schaufel. Den Journalisten will er „nicht danken“, sagt er und erntet viele Lacher im voll besetzten, riesigen Pressesaal des Kommissionsgebäudes. „Ich liebe die, mit denen ich gearbeitet habe zutiefst. Die Presse ist Teil davon – nicht mit derselben Intensität muss ich sagen“, sagt er trocken.

Brüssel: Jean Claude Junckers bewegende letzte Pressekonferenz

Perfekt dreisprachig, auf französisch, deutsch und englisch absolviert seinen Abschied und weigert sich kategorisch, seiner Nachfolgerin Ursula von der Leyen einen Rat mitzugeben. Außer jenem: „Man muss auf Europa aufpassen!“

Seine jüngste, schwere Operation hat der abgehende Kommissionschef sichtlich gut überstanden. Müde und erschöpft wirkt Juncker dennoch, wenn auch in bester Laune, ein paar Anekdoten auszuplaudern: Wie etwa jene, wie er vom französischen Geheimdienst abgehört worden war.

Abgehörte Gespräche

Da telefonierte Juncker eines Nachts des Jahres 1997 in Paris mit „meinem lieben Freund, US-Präsident Bill Clinton. Ich war schon sehr erstaunt, dass Clinton mich am Festnetz dieses Hotels anrief. Und dabei hatten nicht einmal meine engsten Mitarbeiter gewusst, dass ich eben das Hotel gewechselt hatte.“ Am nächsten Tag lobte ihn Frankreichs Präsident Jacques Chirac für das Gespräch, vom dem der Staatschef eigentlich nichts wissen konnte. „Und ich habe mir damals gedacht: Voilà! Danke, dass du mitgehört hast, mon ami. Wie es aussieht, sind es nicht immer die USA, die Anrufe abhören.“

Sein Büro im 13. Stock des Brüsseler Berlaymont-Gebäudes hat der langjährige, frühere Premier Luxemburgs bereits geräumt. Heute zieht dort seine Nachfolgerin ein. Was Juncker zukünftig beschäftigen wird, darauf mag der Politveteran nicht vor Publikum antworten. Ob er seine Memoiren schreiben wird oder nicht – das ist seine Sache, lässt er die neugierigen Frager spüren.

Nur eine Sorge treibt den Christdemokraten um: Die zunehmend schwächelnde Rechtsstaatlichkeit in der EU: „Ich bin sehr besorgt“, gibt er zu. „Es gibt nicht nur ein Land, in dem, die Rechtsstaatlichkeit nicht ausreichend geachtet wird.“

Und dann ist es mit der Fragerei auch schon genug. „Ich habe Hunger“, sagt er, und dann passiert sonst im Brüsseler Presseraum absolut Verpöntes: Donnernder Applaus brandet auf.

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