Jüngste EU-Abgeordnete: "Du bist so jung, du hast keine Erfahrung"

Jüngste EU-Abgeordnete: "Du bist so jung, du hast keine Erfahrung"
Die jüngste EU-Abgeordnete Kira Peter-Hansen aus Dänemark erzählte dem Kurier, wie es mit 24 Jahren für sie im EU-Parlament ist.

Meinungsverschiedenheiten zwischen Jung und Alt gibt es überall, auch in der Politik. Im EU-Parlament liegt das Durchschnittsalter bei fast 50 Jahren. Dass es da nicht immer einfach ist, sich als Abgeordnete Anfang 20 durchzusetzen, liegt auf der Hand. Der KURIER hat mit der jüngsten EU-Abgeordneten, der Dänin Kira Peter-Hansen, zwischen ihren Meetings in Brüssel telefoniert und darüber gesprochen.

Peter-Hansen unterbrach nach der Europawahl 2019 ihr Wirtschaftsstudium in Kopenhagen, um für die Rot-Grüne Sozialistische Volkspartei nach Straßburg zu gehen – damals war sie gerade einmal 21 Jahre alt. Für Politik interessierte sie sich aber schon lange davor, bereits während der Schulzeit war sie bei einer Jugendpartei. Zur Wahl aufstellen ließ sie sich, um etwas gegen die Klimakrise tun zu können.

Vor- und Nachteile

Heute ist Peter-Hansen 24. Ihr junges Alter sieht sie für ihre Arbeit als Fluch und Segen zugleich: „Nach der Wahl hatte ich als die Jüngste einen Vorteil, weil das die Medien interessiert hat. Was die Gesetzgebung angeht, ist es ein Nachteil, weil mir gern gesagt wird: Du bist so jung, du hast keine Erfahrung.“ Ältere Kollegen würden sie als junge Frau anders behandeln: „Es wird besser, aber die junge Frau entspricht noch immer nicht dem typischen Bild des Politikers.“

Dass man als junge Abgeordnete besonders laut sein muss, veranschaulichte ihr eines ihrer ersten Meetings. Ein Kollege unterbrach sie, während sie sprach: „Er hat mich darauf hingewiesen, dass ich lauter sprechen soll. Die anderen seien alle älter als ich, und mit meiner leisen Stimme könnten sie mich nicht verstehen“, erinnert Peter-Hansen sich. Es seien aber nicht nur die Kollegen: „Auch Sicherheitskräfte am Eingang kontrollieren mich strenger, weil ich jung bin.“

Junge mehr einbeziehen

Was das Einbeziehen junger Menschen in die EU-Politik betrifft, sieht Peter-Hansen noch viel Luft nach oben: „2022 ist das Jahr der Europäischen Jugend. Die EU-Kommission versucht also, sich als offen für junge Leute darzustellen. Alle sprechen von mehr Jugendbeteiligung, aber umgesetzt wurde das noch nicht.“

Repräsentation sei das beste Mittel, um Europas Jugend abholen zu können – eine „Jugend, die mehr erreichen will“, wie Peter-Hansen im Vorwort des kürzlich erschienen Buches „Unter 30!“ schreibt, in dem 30 junge Europäer sich Gedanken über die Zukunft der EU machen. „Meine Generation hat so viele Visionen. Wir wollen etwa nicht nur die Klimakrise bewältigen, sondern in Harmonie mit dem Planeten leben. Wir wollen Verantwortung übernehmen“, sagt sie.

Psychische Probleme

Im Buch thematisiert die Politikerin auch das Thema mentale Gesundheit und berichtet, selbst in Therapie zu sein. Damit ist sie nicht allein – viele junge Menschen sprechen heute offen über psychische Probleme. Für Peter-Hansen ergibt das Sinn: „Diese Generation bricht mit Tabus. Wir erkennen unsere eigenen Probleme und statt sie wie unsere Eltern totzuschweigen, sprechen wir sie aus.“ Wie kann Politik die mentale Gesundheit junger Menschen verbessern? „Es wäre wichtig, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen.“ Stress im Job, unfreundliche Chefs und schlechte Bezahlung seien alles Gründe für psychische Probleme junger Menschen.

Auch die Klimakrise bedrücke sie und viele andere in ihrem Alter enorm. Dass so viele EU-Politiker nach wie vor häufig zwischen den beiden Institutionsstandorten Brüssel und Straßburg hin- und herfliegen, sieht sie nicht ein und hält die zwei Standorte neben dem Umweltaspekt für eine Verschwendung von Zeit und Geld. Sie selbst fährt sogar die 14-Stunden-Strecke von Brüssel nach Kopenhagen regelmäßig mit dem Zug.

Ihr größter Wunsch für Europa? „Dass wir die Klimakrise bewältigen.“

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