Johnsons Brexit-Rede war der Queen keinen Glanz wert
Es gibt auch in der Schlichtheit eine Vornehmheit. Bei der britischen Königin Elizabeth II. ist das unbestritten der Fall. Trotzdem erweckte die Monarchin bei ihrer Rede am Donnerstag den Eindruck, sie täte das dem neu gewählten Premier Boris Johnson zufleiß.
Statt mit der Kutsche fuhr die Queen mit einem Auto die kurze Strecke zwischen dem Buckingham-Palast und dem Parlament. Anstelle von Hermelinmantel und Krone trug sie ein Kleid in Mint und einen gleichfarbigen Hut. Begleitet wurde sie von ihrem ältesten Sohn, Thronfolger Prinz Charles, der ebenfalls „nur“ mit einem Cutaway bekleidet war statt mit einer Uniform.
Altes Zeremoniell
Der Palast begründete den fehlenden Pomp mit „den einzigartigen Umständen der Parlamentswahl "und der "Nähe zu Weihnachten“.
Hält die Königin eine Rede zur Eröffnung des Parlaments, geschieht das traditionell nach einem fein durchdachten Zeremoniell aus vorherigen Jahrhunderten. Etwa, wenn die Abgeordneten des Unterhauses zur Queen gebeten werden: Um sie abzuholen, geht der „Gentleman Usher of the Black Rod“, ein hoher Beamter, zum Unterhaus, wo ihm die Türe vor der Nase zugeschlagen wird.
Das Unterhaus demonstriert so seine Unabhängigkeit. Der Black Rod klopft dann dreimal an der Tür, wird eingelassen und sagt: „Mr. Speaker, die Königin befiehlt, dieses Hohe Haus Ihrer Majestät sofort im Haus der Peers aufzusuchen.“
Es war das zweite Mal in diesem Jahr, dass die Queen ihre Rede halten musste. Vielmehr jene von Premierminister Boris Johnson. Es ist die Pflicht der Königin, das Regierungsprogramm des jeweiligen Premierministers vorzulesen – nur so kann das Parlament eröffnet werden.
Als sie über die Pläne Johnsons sprach, den Brexit am 31. Jänner durchzuziehen, sprach sie monoton, ohne jede Regung. Dennoch stand der britische Premier grinsend und kopfnickend im Publikum. Dazu hat er derzeit allen Grund: Nach seinem fulminanten Wahlsieg vergangene Woche wird Johnson sein Brexit-Gesetz heute, Freitag, mit Leichtigkeit durchbringen.
Der Rest seines Programms dreht sich vor allem um den maroden staatliche Gesundheitsdienst, den er mit knapp 40 Milliarden Euro pro Jahr bis 2024 unterstützen will.
Es handelt sich der Regierung zufolge um die größte Finanzspritze in der Geschichte des Gesundheitsdienstes. Geplant sind unter anderem der Bau und die Sanierung von Kliniken. Auch niedrigere Steuern stehen am Programm.
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