Ostern, Pessach, Zuckerfest in Israel: Zugleich, nicht gemeinsam

In Jerusalem ist immer etwas los, wenn der Frühling beginnt. Wie fast jedes Jahr fällt das Osterfest der lateinischen Christen und das Pessach der Juden in dieselbe Woche. Doch im Jubeljahr 2025 feiern auch die orthodoxen Christen ihr Ostern zur selben Zeit. Nur selten treffen sich die Vollmonde der verschiedenen Kalender in derselben Woche. Auch die Muslime begingen in diesem Monat ihr Zuckerfest, noch immer hängt die Dekoration in vielen Fenstern. Sie alle feiern gleichzeitig, aber nicht gemeinsam.
An der Stadteinfahrt hängen überlebensgroße Poster mit den Gesichtern der israelischen Geiseln, die immer noch in den Kerkern der Hamas-Islamisten im Gazastreifen gefangen sind. Der Krieg dort flammt wieder neu auf, überschattet die Feiertage, mit Wut und Trauer auf beiden Seiten. Gleichzeitig, nicht gemeinsam.
Besondere Atmosphäre
Wer die Stufen zum Damaskus-Tor hinabsteigt, den saugt die ganz eigene Atmosphäre der Jerusalemer Altstadt langsam auf. Menschen aus aller Welt sind hier, mit einem bunten Gemisch aus Gewändern und Trachten.
Familien frommer Juden schieben ihre Kinderwägen im Eilschritt vor sich her. Tausende zieht es an die Klagemauer zum Segen der Cohanim, den Nachfahren der Tempelpriester. In ihrer weißen Festtracht sind sie von den christlichen Pilgern kaum zu unterscheiden. Bis zur Abbiegung in der Via Dolorosa haben sie den gleichen Weg. Zur Klagemauer geht es geradeaus, zur Grabeskirche führt die Stufengasse rechts ab. Auch die Gebete finden gleichzeitig und getrennt statt.

Viele kehren zurück
Mitten in der Via Dolorosa liegt das österreichische Hospiz. Ein spanisches Pilgerpaar steigt die Stufen herab. Die Frau in schwarzer Mantilla, der Mann mit weißem Umhang über dem Arm. In der Grabeskirche wird er ihn über seine Schultern ziehen. Ein Ritter vom Heiligen Grab.
Beide waren oft im Heiligen Land, auch in Kriegszeiten. Viele der Pilger kennen Israel von früheren Besuchen. Sie haben gelernt, die Medienberichte in ihren Ländern richtig einzuschätzen: „Jeden Tag ist Israel in den Schlagzeilen, aber wer schon einmal hier war, lernt, die Lage nüchtern einzuschätzen.“
Fußwaschung
Pilger, Touristen, Ausflügler – alle nähern sich irgendwann der Grabeskirche. Im Rekordjahr 2019 war das Gedränge in der Altstadt so stark, dass die Besucher über eine Stunde für den Weg durch die Gassen brauchten, der sonst in knapp 15 Minuten zu schaffen ist. In diesem Jahr sind die Wege zur Klagemauer und Grabeskirche schneller zu schaffen. Aber vor der engen Pforte zum Vorplatz der Grabeskirche stauen sich die Menschen.
Am Donnerstag ziehen die orthodoxen Patriarchen mit ihren Herolden in osmanischen Uniformen ein. Wie Jesus die Füße seiner Apostel waschen sie am Nachmittag die Füße von zwölf frommen Gläubigen.
Auf der Bank am Kircheneingang sitzt Wajie Nusseybe. Seine muslimische Familie hütet seit Jahrhunderten die Schlüssel zur Grabeskirche. Um für Ruhe und Ordnung zu sorgen, die von den konkurrierenden Kirchen nicht immer eingehalten werden. „Am Karfreitag beten alle zur gleichen Zeit“, erklärt er. „Ein Umzug nach dem anderen, bis am Nachmittag das Heilige Grab geschlossen wird. Erst Ostersonntag wird es wieder aufgesperrt.“
Dann zünden Tausende Pilger ihre Kerzen am Heiligen Licht an, dem Licht der Auferstehung Jesus. Gleichzeitig und gemeinsam werden sie die abgedunkelte Grabeskirche erleuchten.
Kommentare