Jemen-Konferenz: Geld für "weltweit schlimmste humanitäre Krise"

UN-Generalsekretär Guterres warb in Genf für eine deutliche Aufstockung der Hilfsgelder. Zwei Milliarden Dollar wurden zugesagt.

Die internationale Gemeinschaft muss nach Einschätzung der Vereinten Nationen ihre Hilfe für die Menschen im Bürgerkriegsland Jemen heuer deutlich verstärken. Auf einer Geberkonferenz in Genf sind laut UN am Dienstag Zusagen über rund drei Milliarden Dollar (2,4 Mrd. Euro) nötig, der dreifache Betrag vom vergangenen Jahr.

Nach Angaben der Vereinten Nationen hat die internationale Gemeinschaft in Genf rund zwei Milliarden Dollar (1,62 Mrd. Euro) für die notleidende Bevölkerung im Jemen versprochen. "Das ist ein bemerkenswerter Erfolg", sagte Guterres nach der Konferenz.

Im Vergleich zur Geberkonferenz 2017 sei praktisch doppelt so viel Geld zugesagt worden. Er sei auch zuversichtlich, dass noch fehlende Mittel im Lauf des Jahres eingesammelt werden könnten.

UN-Generalsekretär António Guterres warb persönlich um diese Mittel. "Der Jemen ist die weltweit schlimmste humanitäre Krise", sagte Guterres zum Auftakt der Geberkonferenz. 8,4 Millionen Menschen wüssten nicht, wo sie ihr nächstes Essen herbekommen sollten.

Viele hätten keinen Zugang zu sauberem Wasser. Fast drei Millionen Kinder unter fünf Jahren seien unterernährt, kritisierte der UN-Generalsekretär. "Alle zehn Minuten stirbt ein Kind aus vermeidbaren Gründen."

Die aktuelle Situation sei im nun beginnenden vierten Jahr des Bürgerkriegs katastrophal. "Aber mit internationaler Unterstützung können und müssen wir verhindern, dass das Land in eine langfristige Tragödie schlittert." Nach Angaben von Guterres sind aufgrund jüngster Zusagen bisher 40 Prozent der benötigten 2,96 Milliarden Dollar (2,4 Milliarden Euro) zusammengekommen. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate hätten 930 Millionen Dollar versprochen. Die Zusagen anderer Staaten beliefen sich auf knapp 300 Millionen Dollar.

EU gibt 107,5 Millionen Euro

Die EU gibt 107,5 Millionen Euro an humanitärer Hilfe für die Zivilbevölkerung in dem Bürgerkriegsland. Wie die EU-Kommission am Dienstag in Brüssel bekanntgab, erhöht sich damit die Gesamthilfe der EU für Jemen auf 438,2 Millionen Euro.

Der für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissar Christos Stylianides forderte einen ungehinderten Zugang für humanitäre Helfer im Jemen. Auch die Einfuhren von Gütern über die Häfen seien essenziell wichtig. Um den Konflikt zu beenden, sei dringlich eine politische Lösung erforderlich.

Verheerender Bürgerkrieg

In dem bitterarmen Land auf der arabischen Halbinsel tobt seit mehr als drei Jahren ein verheerender Bürgerkrieg, der mehr als 10.000 Todesopfer gefordert hat. Eine von Saudi-Arabien angeführte Koalition kämpft dort gegen einen Aufstand der schiitischen Houthi-Rebellen. Dadurch wurden große Teile der Infrastruktur zerstört. Außerdem werden immer wieder Zivilisten Opfer der Angriffe. Erst über Ostern hatten Kampfflugzeuge drei Angriffe auf eine Wohngegend in einer Küstenstadt geflogen. Dabei waren zwölf Zivilisten getötet worden.

Rund 22 der etwa 27 Millionen Einwohner des Jemen sind nach Angaben des UN-Nothilfebüros Ocha nach drei Jahren Bürgerkrieg auf Hilfe angewiesen, vor allem auf Lebensmittel und medizinische Versorgung. Nach der Jemen-Geberkonferenz im April 2017 wurden 94 Prozent der dort versprochenen 1,1 Milliarden Dollar auch eingezahlt. In diesem Jahr sind laut Ocha erst zehn Prozent der nötigen Gelder verbucht.

Die Aufständischen kontrollieren Gebiete im Norden des Landes, die Regierung ist in die Hafenstadt Aden im Süden geflohen. Saudi-Arabien wirft den Houthis vor, vom Iran unterstützt zu werden. Das sunnitische Saudi-Arabien ist ein Erzfeind der schiitischen Regionalmacht. Alle internationalen Bemühungen um eine Verhandlungslösung für den Konflikt scheiterten bisher.

Die internationale Hilfsorganisation Norwegian Refugee Council (NRC) kritisiert, dass Geld alleine nicht reiche, um die humanitäre Katastrophe zu beenden. "Wir brauchen Hilfe, um sicherzustellen, dass Hilfsgüter auch verteilt werden können", sagte der Generalsekretär der Organisation, Jan Egeland. Der öffentliche Sektor und die Wirtschaft seien zusammengebrochen, mehr als die Hälfte der Bevölkerung habe keinen Zugang zu fundamentaler ärztlicher Versorgung, Bildung oder sauberem Wasser.

 

Saudi-Arabien weist Verantwortung für Krise zurück

Saudi-Arabien weist Vorwürfe zurück, dass seine Luftangriffe auf schiitische Rebellen im Jemen die humanitäre Krise in dem Land ausgelöst haben. Der "Kollaps" im Jemen habe bereits ein Jahr vor der Militärintervention seines Landes begonnen, sagte Kronprinz Mohammed bin Salman der US-Zeitschrift The Atlantic mit Blick auf den Putsch gegen die Regierung im Jahr 2015.

Sein Ziel sei es zu verhindern, dass "Extremisten" im Jemen Fuß fassen, sagte er mit Blick auf das sunnitische Terrornetzwerk Al-Kaida und die schiitischen Houthi-Rebellen. "Unser Einsatz zielt darauf ab, der legitimen Regierung zu helfen und Stabilität herzustellen. Saudi-Arabien versucht, den Menschen im Jemen zu helfen. Der größte Geldgeber für den Jemen ist Saudi-Arabien."

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