Italien: Senat macht Weg für Prozess gegen Salvini frei
Der italienische Senat hat am Mittwoch in einer Plenarsitzung beschlossen, die Immunität des Chefs der rechten Lega, Matteo Salvini, aufzuheben. Ein Gericht in Catania beschuldigt Salvini wegen seiner Flüchtlingspolitik in seiner Zeit als Innenminister (2018-2019) des Amtsmissbrauchs und der Freiheitsberaubung und fordert die Aufhebung seiner Immunität.
In dem Fall geht es um 116 Flüchtlinge, die Salvini im Juli vergangenen Jahres an Bord des Schiffs „Gregoretti“ der italienischen Küstenwache de facto festgesetzt hatte. Salvini, der dem Senat angehört und mit seiner einwanderungsfeindlichen Lega einen harten Kurs in der Flüchtlingspolitik verfolgt, hatte dem Schiff über mehrere Tage die Einfahrt in einen italienischen Hafen verweigert.
Erwartet wird, dass die Mehrheit der Senatoren für die Aufhebung der Immunität Salvinis stimmt. „Ich laufe nicht davon, ich vertraue der unabhängigen Justiz. Sie wird einsehen, dass ich gehandelt habe, um die italienischen Außengrenzen zu verteidigen, wie dies auch die Verfassung vorsieht“, sagte Salvini. Vor der Abstimmung kam es zu einer parlamentarischen Diskussion zum Fall. Mit einem Abstimmungsergebnis wird nach 19 Uhr gerechnet.
Der 46-jährige Salvini behauptete, dass er die Entscheidung, die Migranten nicht an Land zu lassen, um die EU zu einem Umverteilungssystem zu zwingen, im Einklang mit dem Rest der Regierung getroffen habe. Daher müsste auch gegen den damaligen und derzeitigen Premier Giuseppe Conte Anklage erhoben werden, meinte er.
Prozess in Sizilien
Salvini wird sich aller Voraussicht nach vor einem Gericht im sizilianischen
Catania verantworten müssen. Wegen Freiheitsberaubung könnten ihm bis zu 15 Jahre Haft drohen. Im Falle einer Verurteilung könnte der Chef der Lega zudem mit einer bis zu achtjährigen Sperre für politischen Aktivitäten belegt werden.
Dem Ex-Innenminister drohen weitere Probleme mit der Justiz. Am 27. Februar stimmt die im Senat zuständige Kommission für die Aufhebung der Immunität Salvinis in Zusammenhang mit einem weiteren möglichen Verfahren wegen Freiheitsberaubung. Dabei geht es um das Rettungsschiff „Open Arms“.
Laut einem Gericht in Palermo habe Salvini das Schiff der spanischen Hilfsorganisation Proactiva Open Arms im August 2019 rund drei Wochen lang blockiert. Später durften die Menschen auf der süditalienischen Insel Lampedusa an Land gehen. Die Koalitionsregierung mit Salvini als Innenminister war im selben Monat zerbrochen.
Im März 2019 hatte der italienische Senat mehrheitlich einen Prozess gegen den Lega-Chef wegen des im Jahr zuvor blockierten Schiffs „Diciotti“ abgelehnt. Damals war Salvini noch als Innenminister im Sattel. Die aktuelle Regierung in Rom aus Fünf-Sterne-Bewegung und Sozialdemokraten (PD) erteilte mehreren Schiffen zuletzt meist recht schnell eine Landegenehmigung.
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