Napolitano drückt bei Regierungsbildung aufs Gas

Italy's Prime Minister Silvio Berlusconi speaks to President Giorgio Napolitano (L) during Berlusconi's swearing-in ceremony at Quirinale palace in Rome in a May 8, 2008 file photo. Berlusconi said Eluana Englaro, who died in the middle of a debate about her right to die after 17 years in coma, had been killed and the head of state was among those responsible. "Eluana did not die a natural death, she was killed," the conservative premier told Libero newspaper, blaming Italy's leftist President Giorgio Napolitano for rejecting an emergency decree that would have forced doctors to resume feeding her. REUTERS/Chris Helgren (ITALY)
In einer Woche soll in Italien eine neue Regierung stehen – viele Fragen sind aber noch offen.

Staatspräsident Giorgio Napolitano ist in Eile: Er will sofort heute, Dienstag, mit Blitz-Konsultationen mit den Parteien beginnen. In den nächsten zwei Tagen wird er mit allen Parteienvertretern zusammentreffen. Diese Woche will der 87-jährige Ex-Kommunist den Regierungsauftrag erteilen. Denn Italien benötigt nach über zwei Monaten nach den Parlamentswahlen dringend einen neuen Premier.

Auch Napolitanos Vereidigung im Quirinalpalast fand gestern im Rekordtempo statt. Er verzichtete zu Beginn seiner zweiten Amtszeit auf die sonst übliche pompöse Zeremonie. In seinem Diskurs appellierte Napolitano an die Verantwortlichen, endlich die dringend notwendigen Wirtschaftsreformen und vor allem ein neues Wahlgesetz in Angriff zu nehmen. „Es ist sehr dramatisch, dass meine vielfachen Appelle, das Wahlgesetz zu ändern, nicht gehört wurden“, so Napolitano.

Feilschen um Posten

Gute Chancen, Premier zu werden, hat der 75-jährige Jurist und Wirtschaftsexperte Giuliano Amato. Amato war bereits zwei Mal Regierungschef und führte das Land in der turbulenten Phase nach dem Korruptionsskandal „Tangentopoli“, der 1992 die politische Elite hinwegfegte. Napolitano favorisiert eine Koalition aus der Demokratischen Partei (PD), der Mitte-rechts-Allianz um Silvio Berlusconi und dem Zentrumsblock um den scheidenden Premier Mario Monti. Als Alternative komme PD-Vizechef Enrico Letta als Regierungschef in Frage. Als Ministerkandidat oder Vize-Premier für eine zeitlich befristete Regierung gilt auch der Chef von Berlusconis Partei „Volk der Freiheit“ (PdL), Angelino Alfano. Das Regierungsprogramm soll auf Vorschlägen des von Napolitano eingesetzten Weisenrates basieren. Die Expertengruppe hatte eine Wahlrechtsreform, Maßnahmen zur Bekämpfung der Rezession und der Arbeitslosigkeit sowie eine Senkung der Polit-Kosten erarbeitet.

Während die PD nach dem Debakel bei der Präsidentenwahl und dem Rücktritt von PD-Chef Pierluigi Bersani in der Krise steckt, wittert der Florentiner Bürgermeister Matteo Renzi eine neue Chance, an die Parteispitze zu kommen. In einem Interview mit La Repubblica plädierte der 38-Jährige für ein „smartes und offenes“ Italien, das wahre Probleme wie die Arbeitslosigkeit in Angriff nimmt. Durch Steuererleichterungen und weniger Bürokratie sollten neue Posten für junge Leute geschaffen werden.

Berührungsängste mit dem Mitte-rechts-Bündnis von Silvio Berlusconi hat Renzi nicht. Die jetzige Regierung solle maximal ein Jahr im Amt bleiben. Ex-Premier Berlusconi versucht ebenso bei Napolitano Forderungen durchzusetzen: Er will eine Garantie für eine zweijährige Periode. Außerdem wolle er sein Wahlversprechen einlösen und die umstrittene Immobiliensteuer auf die erste Wohnung abschaffen.

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