Der Flop der italienischen Migrantenlager in Albanien

Der Flop der italienischen Migrantenlager in Albanien
Geplant waren zwei Asylzentren, die bis Ende Mai fertiggestellt sein sollten. Bis jetzt ist aber nur eines fertig. Das Projekt, das anderen EU-Staaten ein Vorzeigemodell sein sollte, sorgt für diplomatischen Streit.

Italiens Premierministerin Giorgia Meloni hatte sich den Besuch beim albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama am Mittwoch sicher anders vorgestellt. Grund für diese Stippvisite ist das Asyl-Abkommen, das Rom und Tirana im November unterschrieben haben. Die Vereinbarung sieht vor, dass Italien zwei Auffanglager auf albanischem Boden errichten darf.

Diese sollen Migranten aufnehmen, die von der italienischen Küstenwache in internationalen Gewässern aufgefangen wurden. Die Operation darf weder in italienischen, noch in Gewässern anderer EU-Staaten erfolgen. Zudem dürfen keine Minderjährigen, schwangere Frauen, ältere Menschen, Menschen mit Behinderung und Opfer von Menschenhandel nach Albanien gebracht werden. Ziel dieses Abkommens ist es, den Menschenhandel zu unterbinden und nur jene Migranten aufzunehmen, die wirklich ein Recht darauf haben.

Das Abkommen erstreckt sich über fünf Jahre. Die beiden Lager sind im Handelshafen von Shengjin sowie 20 Kilometer landeinwärts bei der Ortschaft Gjadër geplant. Die Anlage in Shengjin soll eine Art Grenzposten sein, auf dem die Migranten formell ihren Asylantrag stellen und per Videoschaltung mit den zuständigen Behörden und Funktionären verbunden werden können. In Gjadër entsteht dagegen ein reines Aufnahme- und Ausweisungslager. 

Als das Abkommen unterschrieben wurde, sprach Meloni von einem „Vorzeigeprojekt, das auch anderen Staaten als Modell dienen könnte." Doch eigentlich hätten beide Lager zum 20. Mai fertig sein sollen. Derzeit ist aber nur jenes in Shengjin weitestgehend fertig. Während beim Zweiten, in Gjadër, die Bauarbeiten noch gar nicht begonnen haben, wie die italienische Tageszeitung DOMANI in einer Reportage berichtet. 

Statt zweitem Lager nur "ein paar Baracken, ein Bagger und 15 Arbeiter"

Eine Bestandsaufnahme, die von vier sozialdemokratischen Abgeordneten jüngst bestätigt wurde. Diese hatten vor zehn Tagen eine unangemeldete Blitzvisite vor Ort gemacht. Zurück in Italien erzählten sie, dass die 70.000 Quadratmeter große Fläche, die Albanien Italien zur Verfügung gestellt hat und die einst Stützpunkt der albanischen Luftwaffe war, zum Großteil noch immer Brachland sei. 

Außer ein paar Baracken, einem Bagger und 15 unbeschäftigten Arbeitern, zum Teil Albaner, zum Teil Italiener, habe man nichts gesehen. Mit einer Fertigstellung dieses zweiten Lagers sei frühestens ab Ende Oktober zu rechnen. Solange aber diese Struktur nicht steht, ist die ganze Operation schwer vorstellbar; Immerhin sollte Albanien maximal 3.000 Migranten im Monat aufnehmen.

Rama weist die Verantwortung von sich

Die Verspätung ist für Meloni keine gute Nachricht, ebenso wie die Wortmeldungen Ramas: Dieser wies in einem am Montag erschienenen Interview mit der italienischen Tageszeitung il Fatto Quotidiano jegliche Verantwortung für die Verspätungen zurück. Albanien habe die Flächen zur Verfügung gestellt, „alles andere fällt in den Handlungsbereich Italiens“. Auch juristisch fallen beide Lager unter die italienische Gerichtsbarkeit, weswegen das Personal aus Italien kommen werde.

Die italienische Opposition weist immer wieder auf die Kosten der Operation hin - 650 Millionen Euro für die ganzen fünf Jahre. Davon sind gerade einmal 30 Millionen Euro für die Verwaltung der zwei Lager vorgesehen, rechnet das online Rechercheportal openpolis vor. 252 Millionen Euro kosten stattdessen die Beamten und das Personal, das von Italien aus nach Albanien geschickt werden muss. Kosten, die im Fall eines neuen Zentrums auf italienischem Boden nicht entstanden wären.

Kommentare