Waffenruhe für Gaza in Sicht? Hamas stimmt zu, aber Netanjahu zögert

Auf Fallschirmen befestigte Hilfsgüter landen in Gaza
Seit Ende Juli stocken die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Hamas-Regierung im Gazastreifen. Im Wechselbad der Nachrichten melden die Medien jetzt wieder neue Kompromissvorschläge. Doch die Skepsis bleibt. Zu häufig haben sich beide Seiten seit Kriegsbeginn mit dem Massaker der Hamas an 1200 Menschen in Israel immer wieder durch überzogene Forderungen gegenseitig ins Aus manövriert.
Neu sind die Kompromissvorschläge ohnehin nicht. Wie schon mehrfach zuvor geht es auch im neuen Vorschlag der ägyptischen und katarischen Unterhändler um ein „Teilabkommen“. Mit einem 60-Tage-Waffenstillstand und der Freilassung von zehn der zwanzig noch lebenden Geiseln. In der Vergangenheit war es die Hamas, die ein Gesamtpaket mit der Freilassung aller Geiseln und einem vollständigen Abzug der israelischen Armee forderte. Diesmal ist es Israels Premier Benjamin Netanjahu, der ein Gesamtpaket vorziehen würde. Doch lehnte er ein Teilabkommen am Montag nicht rundweg ab.
„Jetzt ist es Netanjahu, der keinem Vorschlag voll zustimmt“, erklärte ein palästinensischer Sprecher, der an den Kontakten in Kairo beteiligt ist, der israelischen Zeitung Haaretz, „jedoch ist die Hamas derzeit bereit, über alles zu reden“
Ziel: Eroberung von Gaza-Stadt
Was an einer neuen militärischen Offensive liegen kann, die Israels Armee auf ausdrückliche Anweisung der Regierung Netanjahu vorbereitet. Ihr angekündigtes Ziel ist die Eroberung von Gaza-Stadt mit ihren wichtigen Hamas-Befehlszentralen. „Den Tod Zigtausender Zivilisten nutzt die Hamas gerne zu ihrer Kriegspropaganda aus“, meint der israelische Ex-General Gadi Schamni, „doch wenn ihr Bodenverlust droht, gibt sie nach.“
Tatsächlich melden arabische Medien die Annahme des neuen Vorschlags durch die Hamas „ohne Wenn und Aber“.
Westliche Quellen wissen jedoch von einigen fraglichen Punkten. So soll in den 60 Tagen Waffenruhe eine endgültige Regelung ausgearbeitet werden - mit der Freilassung aller Geiseln und einem von den USA garantierten Kriegsende. Für die Hamas wäre das Teilabkommen demnach doch so etwas wie ein „Gesamtpaket in Stufen“. Doch wie solche US-Garantien aussehen sollen, oder ob es einen zeitliche Begrenzung für weitere Verhandlungen gibt, ist bislang unklar.

Protest in Israel für die Freilassung israelischer Geiseln aus der Gewalt der Hamas
Um das zu regeln, ist die Rede von einer Rückkehr des amerikanischen Chefunterhändlers Steve Witkoff an den Verhandlungstisch in Katar. Die US-Regierung bekräftigte mehrfach, dass sie ein baldiges Kriegssende begrüßen würde. Doch klang US-Präsident Donald Trump am Montag etwas abweichender: „Die Geiseln kehren nur zurück, wenn die Hamas im Kampf gestellt und zerstört wird.“
Im Detail: 10 lebende Geiseln und 18 oder 19 getötete Geiseln sollen ausgetauscht werden. Mit 200 verurteilten Terroristen für jede lebende Geisel. Davon 140 zu lebenslang Verurteilte und 60 zu kürzeren Haftzeiten.
Für jede Leiche einer Geisel liefert Israel 19 Leichen in Israel begrabener Terroristen aus. Israel zieht aus einem Teil der eroberten Gebiete im nordöstlichen Gazastreifen ab: Bei Bet Lahye, Bet Chanun und Sadschaiye.
Ungelöst bleibt das Problem, wer nach einem Kriegsende und einer Entmachtung der Hamas im Gazastreifen die Verwaltung übernahmen soll. Oder kann. Netanjahu beharrt auf eine Demilitarisierung und einer neuen Verwaltung „ohne Einfluss der Hamas oder der konkurrierenden PLO-Regierung“. Wer damit gemeint sein könnte, lässt er unklar.
Noch vor ihren Gesprächen mit der Hamas sprachen die arabischen Unterhändler mit PLO-Vertretern aus dem Westjordanland - was die Hamas unter Druck setzen sollte. Ägyptens Außenminister Bader Abdelaty und der Premier der PLO-Regierung, Muchamad Mustafa, beriefen dabei demonstrativ am Montag vor dem Grenzübergang in den Gazastreifen bei Rafah eine Pressekonferenz ein. Mit einer klaren Botschaft: „Eine alternative Verwaltung in Gaza wird ohne die PLO unmöglich sein.“
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