Iran-Deal: Internationale Pressestimmen zum Ausstieg der USA

U.S. President Donald Trump waves after returning from addressing the NRA convention as he walks from the Marine One helicopter across the South Lawn of the White House in Washington
"Financial Times": USA sind isoliert wie selten zuvor - "Liberation": Trump stellt Europäer mit dem Rücken an die Wand

Internationale Zeitungen kommentierten am Donnerstag den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran:

"Financial Times" (London):

"Selten war Washington derart isoliert. Trump hat den Rat der engsten Verbündeten Amerikas verschmäht. Franzosen, Deutsche, Japaner und Briten - sie alle haben versucht, ihn davon zu überzeugen, dass das Abkommen trotz aller Mängel sein Ziel erreicht: Irans Kapazitäten zur Entwicklung von Atomwaffen zu blockieren. Mit der Verhängung von Sanktionen fordern die USA dieselben Verbündeten auf, Regeln von jemandem einzuhalten, der selbst Regeln bricht. (...) Trump denkt, der Iran werde nachgeben. Doch was, wenn er das nicht tut und stattdessen sein Atomprogramm wieder aufleben lässt? Dann gibt es außer einem Krieg nur noch wenige Optionen.

"Pravda" (Bratislava):

"Etwas dauerhaft Gutes zu schaffen, ist in Positionen wie jener, in der (US-Präsident Donald) Trump sich jetzt befindet, ein schweres und undankbares Unterfangen. Im Namen bombastischer und oberflächlicher Verkündigungen einen großen Schaden zu verursachen, den dann andere jahrelang ausbügeln müssen, das ist - leider - unvergleichbar leichter. Der gegenwärtige amerikanische Präsident beweist das gerade."

"Liberation" (Paris):

"Donald Trump stellt die Europäer heute de facto mit dem Rücken an die Wand: Entweder beugen sie sich und lassen sich ihre auswärtige und wirtschaftliche Politik von den (US-)Amerikanern vorschreiben. Oder sie entscheiden, dass es höchste Zeit ist, Europa in eine nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Macht zu verwandeln.

Das ist leichter gesagt als getan, aber es wäre schade, diese Gelegenheit zu versäumen, wenn schon einmal ausnahmsweise Europas Hauptakteure einer Meinung sind - mit China auf ihrer Seite. (...) Genau diese Gelegenheit hat am Donnerstag (Frankreichs Präsident) Emmanuel Macron. Die deutsche Kanzlerin wird ihm in Aachen den Karlspreis überreichen, der besonderes europäisches Engagement auszeichnet. Wenn das kein Wink des Schicksals ist..."

"Lidove noviny" (Prag):

"Trump benimmt sich wie ein Elefant im Porzellanladen. Er stellt das einmal gegebene Wort der USA - mit der Unterschrift (des damaligen US-Präsidenten Barack) Obama unter das Abkommen vom Jahr 2015 - infrage. Nun geht es vor allem um eins: Wird er ein wirksameres und besseres Abkommen erzielen, als es Obama durchgesetzt hat? Das ist der Kern der Sache. Trumps Stil eines Elefanten im Porzellanladen kann da auch Vorteile bringen. Er kann auf diese Weise Bewegung in ein festgefahrenes Problem bringen. (...) Frankreich kritisiert Trumps Entscheidung zwar, will aber nach Darstellung seines Präsidenten (Emmanuel) Macron an einem weiter gefassten Abkommen mit dem Iran arbeiten, das auch das Raketenprogramm umfasst. Das könnte Trump als einen Erfolg ausgeben. Doch wer würde darauf sein Geld setzen?"

"Duma" (Sofia):

"(US-Präsident Donald) Trump erwies sich als eine Marionette, zunächst einmal von Israel. (...) Es wollte, dass praktisch alle Atomzentren im Iran geschlossen werden, so dass das Land keine Atomindustrie mehr hat und auch keine Raketen für seine Armee, damit es (Israel) ruhig schlafen könne, weil es nicht bedroht werde. Das internationale Monitoring bewies aber, das sich der Iran an die Abmachung hält. Und es war kein Zufall, dass die USA bei (Ex-Präsident Barack) Obama - der große Bruder also - nicht auf Israel hörten. (...)

Das sunnitische Saudi-Arabien ist der andere Staat, der Amerika (die USA) anschwindelte. Auch für Saudi-Arabien ist der schiitische Iran ein Erzfeind, wenn auch aus einem anderen Grund - es wetteifert um die regionale Führung. Das Königreich redete Washington auch ein, dass Teheran gefährlich sei sowie seine und die regionale Sicherheit bedrohe. Und wir sehen, dass Trump dies glaubte. So erwies sich Amerika als eine Marionette auch an saudischen Fäden."

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