Rüsten gegen den Feind im Osten
Es war ein Triumph für Indiens Armee und ein emotionaler Moment für viele der 1,2 Milliarden Inder. Einmal ist die größte Demokratie der Welt vor den wirtschaftlich erfolgreicheren, politisch relevanteren und militärisch potenteren Chinesen durchs Ziel gegangen. Mit vor Stolz geschwellter Brust präsentierte Indiens Verteidigungsminister A. K. Antony in der Werft von Kochi im Bundesstaat Kerala den ersten in Indien selbst entwickelten und gebauten Flugzeugträger. Den Tag, so der Minister, müsse man sich rot im Kalender anstreichen. „Wir haben die Fähigkeit und die Technologie, uns mit den Besten in der Welt zu messen“, sagte er mit Blick auf das 260 Meter lange, 60 Meter breite Schiff „Vikrant“ („Mutig“). Dabei ist das Riesenschiff noch gar nicht ganz fertig. Bis Ende 2018 soll der 3,8 Milliarden Euro teure Flugzeugträger aber seinen regulären Dienst aufnehmen.
China hat natürlich auch zumindest einen Flugzeugträger – aber einen alten, aus der Ukraine, der von den Chinesen umgebaut wurde. Und einen in Bau: Nach Informationen der Fachzeitschrift Jane’s Defence tüfteln die Chinesen in einer Werft nahe Schanghai an einem eigenen Flugzeugträger.
Raketenstarts
Aber auch zu Lande und bei der Weltraumtechnik rüstet der Subkontinent stark auf. Erst vor vier Monaten bejubelten die Inder den erfolgreichen Start einer atomwaffenfähigen Langstreckenrakete. Zumindest dieser Test war eindeutig ein Signal an China: Jeder Winkel der Supermacht lässt sich nun von überall in Indien erreichen.
Befeuert damit Indien das Wettrüsten in Asien – vor allem mit China? Oliver Bräuner winkt ab. „Die chinesische Führung wird das eher gelassen betrachten. Sie sieht sich als deutlich stärkere Macht“, schätzt der Experte vom Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri die Lage ein. „Aus chinesischer Sicht wird das wohl keine Änderung der Modernisierung der Volksbefreiungsarmee bringen – mit zweistelligen Wachstumsraten beim offiziellen Militärbudget seit Jahren.“
Aber Indien habe eindeutig seinen Focus „verschoben“ – neben dem Erzfeind Pakistan hat die Führung eben auch den riesigen anderen Nachbarn im Auge. „Indien sieht China immer mehr als Bedrohung. In indischen Medien ist eine regelrechte Paranoia beobachtbar.“ Das Augenmerk liegt vor allem auf Chinas Ausbau der Infrastruktur im angrenzenden Tibet. Das diene nicht nur der wirtschaftlichen Entwicklung, „da kann China dann auch rasch Truppen bewegen. Und das macht Indien, das noch immer offene Grenzstreitigkeiten mit China in diesem Raum hat, wohl nervös“, sagt Bräuner.
Das Verhältnis zu China ist seit dem kurzen, für Peking erfolgreichen Grenzkrieg 1962 angespannt. Die Grenzstreitigkeiten wurden trotz regelmäßiger Verhandlungen nie beigelegt.
Für China ist Indien nicht so wichtig, glaubt Bräuner. Das KP-regierte Land misst sich vielmehr mit den USA. Ihnen will Peking den Rang als größte Supermacht der Welt ablaufen. Regional ringt es daher – und auch aus historischen, nationalistischen Gründen – mit dem US-Verbündeten Japan um die Vorrangstellung in Asien. Gut beobachtbar ist das am geostrategischen Streit um die Senkaku-Inseln im Ostchinesischen Meer, sowie um zwei Inselgruppen im Südchinesischen Meer mit Vietnam und den Philippinen.
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