Impfpflicht in Deutschland wohl nicht vor Mai
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz wird sein Versprechen, bis März die Impfpflicht einzuführen, wohl nicht halten können. Wie der "Tagesspiegel" (Sonntagsausgabe) aus Koalitionskreisen erfuhr, kann die Impfpflicht vor Anfang Mai ohne Sondersitzungen im Parlament kaum in Kraft treten. Justizminister Marco Buschmann forderte in der "Bild am Sonntag" eine rasche Parlamentsentscheidung. Laut einer Umfrage der Zeitung unterstützen 61 Prozent der Deutschen die Impfpflicht.
Scholz hatte Ende November im ZDF wörtlich gesagt, eine allgemeine Impfpflicht solle spätestens ab "Anfang März" für alle in Deutschland gelten. Wegen komplizierten juristischen Fragen und der nötigen Zustimmung von Bundestag und Bundesrat ist dieser Termin aber nicht zu halten. Für Ende Jänner ist eine Orientierungsdebatte im Bundestag vorgesehen. Weil es im Februar wegen des Karnevals nur eine Sitzungswoche gibt, kann dann frühestens in der Woche ab 14. März eine Entscheidung fallen. Der Bundesrat, der ebenfalls zustimmen muss, tagt erst am 8. April, berichtet die Zeitung.
Zentrales Impfregister muss erst aufgebaut werden
Wenn zudem für die Durchsetzung der Pflicht ein zentrales Impfregister mit Daten zu allen Geimpften aufgebaut werden soll, könnte die Impfpflicht auch erst im Juni in Kraft treten, wie der "Tagesspiegel" weiter ausführte.
Der für das Impfpflicht-Projekt in der SPD-Fraktion zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese sagte der Zeitung: "Die Beratungen im Bundestag sollten wir im 1. Quartal zum Abschluss bringen" - das erste Quartal endet Ende März. Das sei ein anspruchsvoller Zeitplan. Wiese sagte, dass die Impfpflicht ohnehin nicht kurzfristig wirke, sondern "perspektivisch eine Vorsorge für den kommenden Herbst und Winter" sei.
Die konservative Union hatte der Ampelregierung vorgeworfen, das Projekt wegen Bedenken der liberalen FDP zu verschleppen. Scholz selbst war am Freitag Fragen zu seinem Versprechen ausgewichen und verwies auf den parlamentarischen Zeitplan.
Justizminister Buschmann trat indes dem Eindruck entgegen, dass seine Partei bei der Impfpflicht auf der Bremse stehe. "Der Bundestag sollte schnell entscheiden, ob eine Impfpflicht eingeführt wird. Und wenn ja, für wen", sagte der FDP-Politiker der Bild am Sonntag und kündigte im Falle einer Zustimmung der Abgeordneten eine zügige Umsetzung an. "Gesetzgebungsverfahren dauern in der Regel sechs bis zwölf Monate. Bei der Entscheidung über eine Impfpflicht wird es deutlich schneller gehen."
61 Prozent für Impfpflicht
Buschmann sprach sich gegen die Einführung eines Impfregisters aus, weil dies "viel zu lange dauern" würde. Zugleich äußerte er sich optimistisch, dass die Pflicht rechtlich halten wird. "Immer mehr Juristen sagen, dass man eine Impfpflicht gut begründen kann, wenn sie hilft, einen drohenden Zusammenbruch des Gesundheitssystems zu verhindern, und dafür auch andere Schutzmaßnahmen, die tief in die Freiheit eingreifen, entfallen können." Allerdings räumte er ein, dass zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes und der Geltung der Impfpflicht noch mehrere Monate vergehen werden. Schließlich müsse "jeder noch die Chance haben, sich impfen zu lassen".
Eine repräsentative Umfrage des Instituts Insa für die "Bild am Sonntag" zeigte indes großen Rückhalt für die Impfpflicht in der Bevölkerung. 61 Prozent seien dafür, 32 Prozent dagegen und sieben Prozent machten keine Angabe. Die meisten Befürworter gibt es mit 79 Prozent bei den Grünen-Wählern, dicht gefolgt von den SPD-Anhängern mit 78 Prozent Zustimmung. 74 Prozent der AfD-Anhänger lehnen dagegen die Impfpflicht ab.
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