Imamin "folgt nur dem Propheten"
Sie ist 42, verheiratet, Mutter von vier Kindern – und Imamin. Sherin Khankan, die Tochter eines politischen Flüchtlings und deklarierten Feministen aus Syrien und einer christlichen Finnin ist Gründerin der ersten von Frauen geführten Moschee in Dänemark, der Mariam Moschee in Kopenhagen.
Seit einem Dreivierteljahr treffen sich hier freitags, in einer Wohnung an einer Einkaufsstraße, Dutzende Frauen: gebürtige Musliminnen, Konvertitinnen und Christinnen. Sie beten gemeinsam und lauschen den Predigten Khankans oder anderer weiblicher Imame, die alle ehrenamtlich arbeiten. Ein Kopftuch ist keine Pflicht, auch Khankan trägt ihr langes Haar offen. "Wenn Menschen mich fragen, warum ich keinen Hijab (Kopftuch) trage, sage ich ihnen, dass ich das doch tue", sagte sie Al Arabiya. "Für mich bedeutet Hijab Aufrichtigkeit."
Frauen als islamische Prediger – das gibt es nicht nur in Dänemark. Auch in China, den USA, Kanada, der Türkei oder Marokko gibt es sie. Für die Soziologin Khankan, die in Dänemark, Ägypten und Syrien studiert hat und als Autorin und Journalistin bekannt wurde, entspricht das entgegen der Meinung vieler Muslime durchaus den Lehren Mohammeds. "Er hatte einst eine Moschee an sein Haus in Medina bauen lassen. Dort hatte er auch Frauen erlaubt, andere Frauen durchs Gebet zu führen ", sagte Khankan in einem Interview mit Zeit online. Sie und andere Imaminnen würden also keine Revolution anzetteln, sondern nur "dem Propheten folgen".
Kritik von rechts
Kritik an der Moschee, die vom dänischen Fotografen Jacob Holdt finanziert wird, gibt es laut Khankan immer wieder. Durch konservative Kreise im Islam, vor allem aber durch rechte Gruppierungen, die u. a. Bilder ihrer Kinder verbreiten und sie mit dem Tod bedroht hätten.
Khankan hatte sich nie in Moscheen wohl gefühlt, in denen Frauen in Nebenräumen beten müssen. Sie kritisiert patriarchale Strukturen im Islam sowie im Juden- und Christentum. Die Mariam Moschee soll nun Frauen zu mehr Rechten verhelfen.
Das sei auch der Grund, warum die Imaminnen in Kopenhagen nur vor Frauen predigen. Abseits des Freitagsgebets sind in der Mariam Moschee aber auch Männer willkommen. Es gibt Vorträge über arabische Philosophie, Diskussionen und Seelsorge. Darüber hinaus werden islamische Zeremonien wie Hochzeiten angeboten, mehrere Paare reisten extra aus dem Ausland an, um sich von einer Frau trauen zu lassen. Die Moschee führt auch Scheidungen nach islamischem Recht durch – eine Hilfe für gläubige Frauen, denen Imame die Scheidung verwehren.
Ermöglicht hat all das übrigens ein Mann: Ein anonymer Stifter hatte einen Artikel von Sherin Khankan gelesen, in dem sie von ihrer Vision einer Frauenmoschee berichtete. Er war begeistert und stellte die Räumlichkeiten für das Projekt bereit.
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