Seit Hongkong wieder an China zurückgegeben wurde, ist die Sonderverwaltungszone dazu verpflichtet, ein solches Sicherheitsgesetz einzuführen. 2019, als die Regierung es zuletzt versuchte, hatten Hunderttausende protestiert, sich wochenlang Straßenschlachten mit der Polizei geliefert, die Bilder gingen um die Welt. Die Führung in Peking konnte sich das nicht bieten lassen und zog die Zügel fester.
Vor vier Jahren verhängte China ein nationales Sicherheitsgesetz über Hongkong, wonach all jene Stadtbewohner, die aus Sicht der Partei die nationale Sicherheit gefährden, auf dem Festland vor Gericht gestellt werden können. Alle wichtigen Rädelsführer von 2019 sind somit heute entweder in Haft, im Ausland oder nur auf Bewährung frei. Die einst mächtige Demokratiebewegung wurde von Peking mit einem Handstreich zerschlagen.
„Ausländische Agenten lauern noch immer in unserer Gesellschaft“
Nun liefert die Hongkonger Regierung also ihr eigenes Sicherheitsgesetz, wie es die Verfassung seit fast dreißig erfordert. Das sei nötig, sagte Regierungschef John Lee, denn: „Noch immer lauern ausländische Agenten und Unabhängigkeitsbefürworter in unserer Gesellschaft.“
Die China-Expertin Katja Drinhausen vom Mercator Institut für China-Studien (MERICS) meint dagegen: „Peking hat es schon jetzt geschafft, die Opposition aus dem politischen Gerüst in Hongkong zu entfernen.“ Bezeichnend: Dass das Gesetz im Parlament angenommen wurde, veröffentlichten Chinas Staatsmedien am Dienstag mit dem „korrekten“ Ergebnis – während die Abstimmung in Hongkong noch lief.
Warum auch ausländische Unternehmer ins Visier geraten könnten
Das neue Gesetz umfasst fünf neue Straftatbestände, die bewusst breit auslegbar sind: Hochverrat, Aufstand, Spionage, Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und ausländische Einflussnahme.
Vor allem der letzte Punkt stellt internationale Firmen und Organisationen vor ein juristisches Rätsel. Die Formulierung schaffe „wahnsinnig viel Unsicherheit“, so Drinhausen. „Welche Art von Austausch mit ausländischen Akteuren ist denn gewollt? Wo verlaufen die roten Linien?“ Die Frage betreffe auch „Handelskammern und andere Verbände aus dem Ausland“ – darunter die österreichische Wirtschaftskammer, die ein Außenwirtschaftscenter in Hongkong betreibt, auf KURIER-Anfrage aber zu keiner Stellungnahme bereit war.
Noch vor wenigen Jahren galt Hongkong wegen seiner klaren Rechtslage als „Tor nach China“. Doch nun werde „die Ideologie der kommunistischen Partei in die Hongkonger Gesetzgebung eingeführt“, meint Drinhausen, was zu „Intransparenz und Willkür“ führen werde.
Letztlich wolle die chinesische Führung eine Art vorauseilenden Gehorsam bei den Bewohnern Hongkongs erwirken, indem „der Informationsaustausch, die Zusammenarbeit mit dem Ausland, als potenzielle Gefahr gesehen wird“, so Drinhausen. „Das richtet sich auch explizit an Mitarbeiter der Hongkonger Regierung – und so baut man, ähnlich wie auf dem Festland, eine Mauer auf.“
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