Hongkong: "Haben Angst, hören aber nicht auf"
In der Nacht auf Freitag keimte erstmals Hoffnung auf Entspannung in der Krise um Hongkongs politische Zukunft auf. Die Anführer der Demonstranten akzeptierten ein Gesprächsangebot von Regierungschef Leung Chun-ying. Man setzt auf einen "offenen Dialog" über mehr Demokratie in der ehemaligen britischen Kronkolonie. Am Freitag kam es allerdings wieder zu Zusammenstößen, in zwei belebten Einkaufsmeilen in der Metropole lieferten sich die beiden Seiten Auseinandersetzungen.
Ultimatum verstrichen
Abrücken wollen die Demonstranten vorerst trotzdem nicht, wie etwa der Finanzanalyst Marco Leung (24). Untertags arbeitet er normal, so wie seine Freunde auch, mit denen er via WhatsApp in ständigem Kontakt sei. "Sie kommen alle am Abend. Wir halten durch. Und wenn sie Tränengas einsetzen, laufen wir weg und kommen morgen wieder."
Der junge Mann fordert wie alle anderen hier im Zentrum der Wirtschaftsmetropole die Änderung des Wahlsystems, den Rücktritt des Verwaltungschefs und eine Entschuldigung für den Tränengaseinsatz vom Sonntag. Nachsatz: "Auch wenn sie bisher keine Anzeichen in diese Richtung gemacht haben."
Was sagen seine Eltern dazu? "Sie waren nicht sehr erfreut, dass ich mich gleich den Demonstranten angeschlossen habe. Aber jetzt stehen sie hinter mir", sagt der Finanzanalyst. Und seine Kollegen? "Die paar in meinem Alter sind auch hier. Die meisten sind aber in ihren Vierzigern, sie akzeptieren und respektieren unsere Forderungen", erzählt Marco.
Tiananmen im Kopf
Soziologie-Professor Rodney Chu ist auch nicht so gelassen. Er ist stolz auf seine Studenten, die hier friedlich demonstrieren und dafür einstehen, sich und andere mit Getränken und Essen versorgen; aber er hat Angst um die jungen Leute. "Es wird bald losgehen", sagt der 52-Jährige düster. Womit rechnet er? "Wenn ich das wüsste! Sie reden ja nicht mit uns. Alles ist möglich." Und dann fällt das Wort: Tiananmen. Das Massaker am Pekinger Platz des himmlischen Friedens vor 25 Jahren. Der friedliche Protest endete mit einem Armee-Einsatz, Hunderten Toten. "Ich glaube nicht, dass es wie damals wird", sagt der Uni-Professor. Doch seine Angst kann er nicht vertuschen: Er gerät ins Stottern und beendet das Gespräch.
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