Historische Wende: USA und Kuba beenden Feindschaft

Barack Obama und Raul Castro: Treffen 2013 nach dem Tod Nelson Mandelas in Südafrika
Obamas Regierung kündigte eine Normalisierung der Beziehungen zu Kuba an.

Es war ein Überraschungscoup - auch wenn schon seit vielen Monaten im Geheimen verhandelt wurde - selbst der Papst mischte hier mit. Am Mittwoch ließen die Protagonisten die Katze aus dem Sack: Kuba und die USA stellen ihre seit Jahrzehnten brachliegende Beziehung auf neue Beine. US-Präsident Barack Obama kündigte in einer TV-Ansprache eine historische Wende in den Beziehungen zur Karibikinsel an: "Wir beenden eine veralteten Ansatz". Und: "Isolation hat nicht funktioniert." Die US-Regierung plant sogar "in den kommenden Monaten" die Eröffnung einer Botschaft in Havanna. Doch auch er räumte - auf Spanisch - ein: "No es facil" (Es ist nicht einfach).

Mit Blick auf die bisherige US-Außenpolitik in Sachen Kuba sagte Obama:

"Eine grobe Politik, die weder Kubanern noch Amerikanern gedient hat, muss beendet werden."

Obama über den Kurswechsel: "Von jetzt an werden wir unsere Kritik direkt in Havanna vorbringen - bezüglich Demokratie und Menschenrechte.“ Sein kubanischer Kollege Raul Castro hatte am frühen Abend zeitgleich eine Rede gehalten. Darin betonte er: "Das heißt aber nicht, dass das Wichtigste gelöst ist."

Geheimgespräche schon 2013

Vorangegangen war ein rund 45-minütiges Telefonat der beiden Staatsoberhäupter, das zunächst ebenfalls als "historisch" bezeichnet wurde. Direkten Kontakt zwischen einem US-amerikanischen und einem kubanischen Staatschef hatte es offiziell zuletzt 1961 gegeben. Allerdings sollen in Kanada bereits im Juni 2013 erste Geheimgespräche geführt worden sein, wie Kanadas Premier Stephen Harper erklärte. Eine zentrale Rolle soll auch Papst Franziskus gespielt haben, der beiden Staatsoberhäuptern eindringliche Briefe schrieb, als die Verhandlungen im Sommer zu scheitern drohten.

Austausch von Gefangenen

Als Zeichen der Versöhnung tauschten die jahrzehntelangen Erzfeinde bereits am Nachmittag erste Gefangene aus. Die Karibikinsel ließ den der Spionage verdächtigen US-Bürger Alan Gross frei - aus humanitären Gründen, wie es hieß - Washington im Gegenzug die drei verbliebenen Gefangenen der sogenannten "Cuban Five". Sie waren 1998 als Teil eines kubanischen Spionagerings in den USA zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Weitere Freilassungen - unter anderem von 53 auf Kuba inhaftierten politischen Häftlingen - sollen folgen.

Aufhebung des Embargos ein Thema

Der US-Präsident will außerdem über eine Aufhebung des seit 1962 bestehenden Wirtschaftsembargos sprechen. Weiters würden die USA den Karibikstaat von der Liste jener Länder streichen, die als Unterstützer des Terrorismus gelten. Für US-Amerikaner werde es künftig leichter werden, nach Kuba zu reisen, versprach Obama. Exilkubaner sollen künftig bis zu 2.000 Dollar (1.600 Euro) monatlich an Verwandte in der Heimat überweisen dürfen, vier Mal so viel wie bisher.

Republikaner winken ab

Die EU zeigte sich erfreut von der Kehrtwende, die Annäherung hat auch in Lateinamerika selbst unter US-Kritikern euphorische Zustimmung ausgelöst. Venezuelas linkspopulistischer Staatschef Nicolas Maduro etwa gratulierte zuallererst der Führung des sozialistischen Bruderstaates für einen "historischen Sieg". Aber der vehemente USA-Kritiker räumte auch ein: "Man muss die Geste von Barack Obama anerkennen, eine mutige Geste, der vielleicht wichtigste Schritt in seiner Präsidentschaft."

Für die Maßnahmen zur Normalisierung ist Obama auf die Unterstützung des US-Kongresses angewiesen. Die Reaktion der Republikaner, die dort die Mehrheit haben, ließ nicht lange auf sich warten: Es handle sich "um ein weiteres hirnloses Zugeständnis" gegenüber einer brutalen Diktatur, erklärte der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, John Boehner. Erst wenn "das kubanisches Volk in Freiheit lebt", könne man über eine Normalisierung der Beziehungen reden.

26. Juli 1953: Fidel Castro beginnt mit einem gescheiterten Angriff auf die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba einen Aufstand gegen Diktator Fulgencio Batista. Castro geht ins Exil nach Mexiko.

2. Dezember 1956: Fidel und 81 weitere Revolutionäre landen in Kuba. Die meisten werden getötet. Die Überlebenden – darunter Fidel, sein Bruder Raul und Ernesto "Che" Guevara – beginnen einen Guerrillakampf.

8. Jänner 1959: Fidel zieht mit einem Triumphzug in Havanna ein. Er wird Comandante en Jefe.

August 1960: Castro verstaatlicht die US-Industrie- und Agrarbetriebe auf Kuba.

19. April 1961: Castro führt die erfolgreiche Verteidigung gegen die US-unterstützte Invasion von Exil-Kubanern in der Schweinebucht.

7. Februar 1962: Die US-Regierung verhängt ein Wirtschaftsembargo gegen Kuba.

Oktober 1962: Die Stationierung sowjetischer Atomsprengköpfe auf Kuba löst eine schwere Krise ("Kubakrise") zwischen den Regierungen in Washington und Moskau aus. US-Präsident Kennedy verordnet eine Seeblockade Kubas. Die UdSSR zieht letztendlich die Raketen wieder ab.

1991: Der Zerfall der UdSSR verursacht eine massive Wirtschaftskrise in Kuba.

23. Juni 2001: Castro fällt bei einer Live-TV-Ansprache in Ohnmacht.

31. Juli 2006: Castro überträgt seine Amtsgeschäfte "vorübergehend" an seinen Bruder Raul Castro.

19. Februar 2008: Castro kündigt seinen Rücktritt an.

März 2009: Die USA erleichtern das Reisen von US-Bürgern nach Kuba und genehmigen die Telefonverbindungen zur Insel.

In Kuba hat sich seit dem Abgang von Fidel Castro einiges getan - vor allem, was die wirtschaftliche Öffnung betrifft:

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Tourists ride U.S.-made convertible cars on Havana
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A man rides a tricycle taxi in front of U.S.-made
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CUBA ECONOMY TRANSPORT
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Tourists ride U.S.-made 1956 Chevrolet Bel-Air con
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A Cuban national flag attached to a car's radio an
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Cars used as taxis drive through the streets of Ha
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A man rides a bicycle past a mural in Cardenas

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