Hillarys Buch: Fingerzeig auf Kandidatur?
Tut sie es? Oder tut sie es nicht? Die Frage nach einer möglichen Präsidentschaftskandidatur Hillary Clintons beschäftigt die USA eigentlich schon seit Jahren. Nun haben die Spekulationen noch einmal Fahrt aufgenommen, denn Clintons neues Buch "Hard Choices" (Deutsch: "Entscheidungen") erscheint am Dienstag. Und alle Zeichen weisen darauf hin, dass sich die ehemalige First Lady und Ex-Außenministerin in die Wahlkampfschlacht 2016 wirft - und das obwohl Clinton selbst immer wieder nur kryptische Hinweise gibt. Doch genau mit dieser Taktik hält sie den Rummel am Laufen und feuert die Fantasie immer wieder neu an.
Auch politische Kommentatoren sind mittlerweile sicher, dass das neue Oeuvre Clintons der Start ihrer Kampagne sein muss, denn es sei eher ein staatstragendes Dokument denn eine Abrechnung. Die altehrwürdige Washington Post schreibt gar, der PR-Feldzug Clintons sei "würdig der Eröffnung einer mächtigen Präsidentschaftskampagne".
Erste Einblicke
Der US-Sender CBS bekam "Hard Choices" nach eigenen Angaben zufällig in die Finger - der Verlag Clintons gehört zum selben Unternehmen. Darin legt sie ihre Erfahrungen als Außenministerin an der Seite von Präsident Obama offen. Dieser hatte ihr 2008 in einem äußerst harten Vorwahlkampf die Kandidatur vor der Nase weggeschnappt. Sie schildert nun, wie unbehaglich ihr erstes Treffen mit dem Widersacher nach der Vorwahl für sie gewesen sei. "Wir haben uns angestarrt wie zwei Teenager bei der ersten Verabredung."
Eine konkrete Antwort auf die Frage: "Tritt sie 2016 an?" kann man sich vom Buch wohl auch nicht erwarten. Sie schreibt darin nur, sie habe sich noch nicht entschieden. Eindeutigere Anspielungen hat die 66-Jährige in der Woche zuvor noch dem Magazin People gemacht: Einerseits freue sie sich darauf, eine Großmutter zu sein (Tochter Chelsea ist schwanger) und müsse darüber nachzudenken, was das Richtige für sie sei. Doch glaube sie auch, "dass wir die höchste und schwerste gläserne Decke in der amerikanischen Politik niederreißen müssen". Und: Viele hätten das Gefühl, der Umstand, dass noch keine Frau im Weißen Haus regierte, sei eine unerledigte Hausaufgabe ("unfinished business"). "Das ist eine Entscheidung, die ich fällen muss", so Clinton.
Stimmung machen
In der Demokratischen Partei will ohnehin niemand gegen sie antreten. Vizepräsident Biden etwa oder die Senatorin Elizabeth Warren haben das sicherheitshalber schon durchblicken lassen. Die PR-Maschine im Hillary-Zirkus läuft jedenfalls längst auf Hochtouren. Im Februar ist bereits eine neue Biografie auf den Markt gekommen, schon 2013 hatten die Republikaner entschieden, im möglichen Wahlkampf nicht an TV-Debatten der Sender NBC und CNN teilzunehmen, sollten diese wie angekündigt Filme über die Erzrivalin produzieren. Graits-PR aus dem feindlichen Lager.
Im Januar dieses Jahres hievte das Time Magazine ein Frauenbein mit Stöckelschuh, an dem ein kleiner Mann hängt, aufs Cover; Schlagzeile "Kann irgendwer Hillary noch stoppen? Wie man Rivalen in die Flucht schlägt, ohne überhaupt noch angetreten zu sein". Die New York Times machte die Vielleicht-Kandidatin gar zum "Planeten Hillary" und dröselte minutiös ihr Netzwerk aus Beratern und Helfern auf. Auch die Umfragen in der Partei zeigen deutlich, wer als einzige in Frage kommt: Mehr als acht von zehn Demokraten wollten die früher verhasste und angefeindete Clinton ins Weiße Haus ziehen sehen, wie eine Erhebung von New York Times und CBSNews kürzlich zeigte. Auch der Präsident selbst, der während des letzten Wahlkampfs starke Unterstützung von Clintons Ehemann Bill erfuhr, macht schon Stimmung: Für Obama wäre seine ehemalige Außenministerin - übrigens reisetechnisch die fleißigste - eine "sehr wirkungsvolle" Nachfolgerin, sagte er im Interview mit ABC. "Hillary und ich, wir sind Freunde geworden", fügte er hinzu. Wozu das Ganze - fragen sich Beobachter - doch nicht nur um die Verkaufszahlen für das Buch in die Höhe zu treiben.
Der Rubel rollt
Eines der schlagendsten Argumente für eine Kandidatur 2016 ist freilich das Geld: Und die demokratischen Druckmaschinen in Form der Super-PACS arbeiten inzwischen schon seit Jahren daran, die Mittel für eine bombastische Kampagne zusammenzutragen. So sehr, dass schon Sorgen laut werden, die Demokraten könnten all ihre Ressourcen für einen fiktiven Hillary-Wahlkampf herausschleudern, anstatt sich auf die Senatswahl im Herbst vorzubereiten.
Die Aktionskomitees von Unterstützern sammeln aber jetzt schon die Gelder für die Wahl in zwei Jahren. Da gibt es etwa schon das Super-PAC Ready for Hillary, das bisher knapp sechs Millionen Dollar anhäufte. Auch das frühere Obama-Komitee Priorities USA und damit auch der kampferprobte Kampagnenmanager Jim Messina unterstützen nun Clinton. Zudem gibt es HillaryPAC, Hillary For The Win, Time for Hillary, und und und. Die Website Correct The Record 2016 soll etwa auch politische Attacken und Falschmeldungen über Clinton korrigieren - die manchmal derb frauenfeindlichen Angriffe der Republikaner wurden ja schon in Clintons Zeit als First Lady in trauriger Weise legendär. Und sie brachten sich auch jetzt schon in Stellung: Zuletzt ätzte Karl Rove: "Ich habe nicht gesagt, dass sie einen Gehirnschaden hat" - in Anspielung auf ein Blutgerinnsel, das sich Clinton 2012 bei ein Sturz zugezogen hat. Auch ihr Alter wird wohl bei einem möglichen Wahlkampf eine große Angriffsfläche bieten. Clinton würde als Präsidentin 69 Jahre alt sein - gleich alt wie Ronald Reagan bei dessen Einzug ins Weiße Haus.
Fazit: Anspielungen, mediale Aufmerksamkeit, Unterstützung und Geld - alles da. Was jetzt also noch fehlt, ist nur noch Clintons tatsächliche Zusage, in den Ring zu steigen. Doch diese ziert sich noch. Wie auch immer das Urteil schließlich ausfällt, es wird nicht vor Ende des Jahres entschieden, sagte Clinton neulich in einem Interview dem Sender ABC. Also heißt es erst einmal: weiter warten.
Porträt: Hillary im Wandel der Zeit
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