Großbritannien arbeitet (endlich) seinen Grooming-Gang-Skandal auf

Rochdale grooming gang victim at her home in England
Seit den 1990er-Jahren haben Männerbanden in England Mädchen vergewaltigt und mit ihnen gehandelt. Ein paar Dutzend Straftäter wurden verurteilt. Nun hat die Polizei 800 Fälle wieder aufgenommen.

In schmutzigen Wohnungen, auf schmierigen Matratzen, in stillgelegten Lagerhäusern. Im Juli wurden im nordenglischen Rotherham sieben Männer verhaftet, die zwei Teenagerinnen über Monate hinweg als „Sex Sklavinnen“ missbraucht hatten. Insgesamt wurden ihnen 53 Sexualstraftaten zwischen 2001 und 2006 zur Last gelegt.

Diese sieben Männer waren jedoch bei weitem nicht die einzigen. In den vergangenen drei Jahrzehnten dürften hunderte Männer sogenannter "Grooming Gangs" tausende Mädchen misshandelt haben. Und doch gibt es dazu erst ein paar Dutzend Verurteilungen. Warum ist das so?

Erste Alarmglocken

Bekannt sind die Vorfälle seit einiger Zeit. Bereits 2001 wurden in Rotherham die Namen verschiedener Männer an die Polizei weitergeleitet, die angeblich vulnerable Mädchen aus Pflegeheimen ansprachen, sie  in Taxis mitnahmen und dann missbrauchten oder von anderen Männern missbrauchen ließen. 

Bereits 2002 warnte die damalige Labour-Abgeordnete Ann Cryer, dass auch in ihrem Wahlkreis, West Yorkshire, junge Mädchen Ähnliches widerfahren sein dürfte. 

Rochdale grooming gang victim at her home in England

Doch erst acht Jahre später kam es zur ersten Verurteilung: In Derbyshire erhielten elf Männer wegen Vergewaltigung und anderer Sexualdelikte Haftstrafen. Sie hatten 26 Mädchen, eine davon im Alter von 13 Jahren, zunächst befreundet, ihnen dann Alkohol angeboten und sie anschließend zu Partys mitgenommen, auf denen sie mitunter mehrfach vergewaltigt wurden. 

Doch trotz der allgemeinen Fassungslosigkeit nach diesem Gerichtsfall wurde anderen Mädchen, die ähnliche Vorfälle schilderten, von den Behörden nicht geglaubt. Jahre später gestand ein Polizeikommissar, dass sie die Fälle nicht verfolgt hatten, weil die Mädchen als „Prostitutierte“ gesehen wurden. 

Die Nationalität der Täter

Als der Times-Journalist Andrew Norfolk - von verschiedenen Informanten darauf aufmerksam gemacht - begann, sich intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen, wurde ihm zunächst Rassismus vorgeworfen. Der Großteil der „Grooming Gangs“ besteht aus britisch-asiatischen Männern mit pakistanischen Wurzeln. Ein sensibles Thema in einem Land, das von Einwanderung lebt und in dem Migration immer wieder zum Brennpunkt wird.

 

Study finds 'Stop and Search' police tactics ineffective in Britain

Die KI soll der britischen Polizei beim Zerschlagen krimineller Banden helfen. 

Schlussendlich lösten Norfolks Berichte dann zwar eine landesweite Untersuchung aus, doch der zögerliche Fortschritt seitdem entmutigt nicht nur Opfer und frustriert Angehörige, sondern wurde wiederholt für politische Zwecke missbraucht.

Selbst nach einem Bericht, der auflegte, dass in Rotherham zwischen 1997 und 2013 1.400 Kinder vergewaltigt wurden, sei nichts passiert, wettern Aktivisten.

Politische Munition

In seiner Flut an aufrührerischen Beiträgen forderte der US-Tech-Milliardär Elon Musk zu Jahresbeginn dann  die Freilassung von Tommy Robinson (jenem rechtsextremen Aktivisten, der Mitte September die große Unite-The-Kingdom-Demonstration anführte). 

Robinson saß im Jänner noch eine Gefängnisstrafe wegen Gerichtsbeleidigung ab, doch Musk stilisierte ihn als politischen Häftling, der wegen seiner Aussagen zu den Grooming Gangs ins Gefängnis gebracht wurde. Musks Vorwurf gegen Keir Starmer: Er vertusche den Skandal, den Tommy aufdecken wollte.

Starmer wies diese Anschuldigungen zwar auf Schärfste zurück und doch hat die aktuelle Labour-Regierung erst nach Musks Vorwürfen eine neue Untersuchung gestartet. Seitdem hat die Polizei 800 Fälle neu aufgenommen, doch für viele Betroffene kommen diese Maßnahmen äußerst spät.

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