Griechenland braucht schneller noch mehr Geld

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis
Athen drängt auf rasche Verhandlungen. Varoufakis will einfache Bürger als Steuerfahnder einsetzen.

Griechenland muss möglichst schnell an weitere Finanzhilfen kommen und drängt deshalb auf baldige Verhandlungen mit den Geldgebern. Das geht aus einem am Freitag veröffentlichten Schreiben des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis an den Vorsitzenden der Euro-Finanzminister, Jeroen Dijsselbloem, hervor.

Darin fordert Varoufakis, die Diskussionen zwischen Gesandten seiner Regierung und Vertretern der - früher als Troika bekannten - Institutionen EZB, EU-Kommission und IWF sollten "sofort" beginnen. Als Ort dafür schlägt er Brüssel vor. Außerdem stellt er seine Reformvorhaben vor, darunter sehr unkonventionelle Mittel.

Am Freitag soll auch Griechenlands PremierAlexis Tsiprasaußerdem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker um eine kurzfistiges Treffen gebeten haben. Die griechische Regierung dementierte später derartige Medienberichte.

Bisherige Abmachungen

Die Euro-Partner haben der neuen Regierung in Athen bis Ende April Zeit gegeben, die von der Vorgängerregierung zugesagten Reform- und Sparschritte umzusetzen. Dies soll von den drei Institutionen überprüft werden. Erst bei erfolgreichem Abschluss sollen die verbliebenen Kredite aus den bisherigen Hilfsprogrammen im Volumen von insgesamt 240 Milliarden Euro ausgezahlt werden.

Nach Ablauf der Frist hat Griechenland zwei weitere Monate bis Ende Juni, um mit den internationalen Gläubigern über ein weiteres Hilfspaket zu verhandeln. In einem Reuters vorliegenden Schreiben mahnt Varoufakis auch hier zur Eile. Parallel zu den Arbeitsgesprächen mit EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) strebt er demnach "sehr baldige" Beratungen auf höherer Ebene über eine "Folgevereinbarung" an. Seinem Vorschlag zufolge soll diese den Namen "Vertrag für Erholung und Wachstum der griechischen Wirtschaft" tragen.

Reformvorhaben von Varoufakis

Der Brief soll am Montag beim Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel diskutiert werden. Als Basis für die Gespräche mit den Institutionen listet Varoufakis eine Reihe von Reformvorhaben auf. So soll ein Fiskalrat geschaffen werden, der als unabhängige Einrichtung die Finanzpolitik der Regierung überwacht. Ferner sollen Ausgabenobergrenzen in der Regierung eingeführt werden. Außerdem plant Varoufakis Steuern auf Internet-Glücksspiel, einen Abbau der Bürokratie, aber auch finanzielle Unterstützung für die ärmsten Griechen.

Studenten und Haushälterinnen als Steuerfahnder

Zur Bekämpfung der grassierenden Steuerflucht will Varoufakis zu ungewöhnlichen Mitteln greifen. Er will Tausende von ungelernten Helfern verpflichten, etwa Studenten, Haushälterinnen und sogar Touristen. Sie sollen zwei Monate lang mit Kameras Beweise sammeln gegen Betriebe, die Steuern hinterziehen. Damit könnten "Verhaltensweisen sehr schnell geändert werden", stellt Varoufakis in Aussicht. Zugleich verspricht er mehr Realismus bei den Einnahmen des Fiskus. So schätzt der Minister die ausstehenden Steuerschulden seiner Landsleute zwar auf 76 Milliarden Euro. Davon könnten aber nur 8,9 Milliarden eingetrieben werden.

Osteuropabank plant Hilfe für Athen

Laut einem Medienbericht will sich nun die Osteuropabank erstmals finanziell in Griechenland engagieren. "Die Bank wird sich darauf konzentrieren, dem Privatsektor in Griechenland zu helfen, um zur wirtschaftlichen Erholung des Landes beizutragen", sagte der Präsident des Instituts, Suma Chakrabarti, der Wirtschaftswoche.

"Unsere Kredite werden im Rahmen der Verhandlungen vergeben, die Griechenland mit der Eurogruppe führt." Dem Magazin zufolge sind Experten der Bank seit Donnerstag in Athen, um zusammen mit der dortigen Regierung geeignete Projekte zu finden. Im Fokus sei vor allem die Finanzierung kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie Projekte im Infrastruktur- und Energiebereich. Das Volumen des bis 2020 begrenzten Engagements stehe noch nicht fest, so das Blatt weiter. Insider gingen aber davon aus, dass mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung stehen werde. Bisher leistet die Osteuropabank, deren Anteile sich auf 64 Staaten, die EU und die Europäische Investitionsbank verteilen, nur technische Hilfe für Töchter von griechischen Firmen, die in Osteuropa tätig sind.

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